Finanzsystem: Vom Spekulationsrausch in die „Todeszone“

Während die Zentralbanken weitere Zinserhöhungen ankündigen, signalisiert das System, daß auf den Aktien- wie Anleihemärkten eine Grenze erreicht ist. In einem Analystenbericht verglich Mike Wilson, Chefstratege für US-Aktien bei Morgan Stanley, den Höhenflug der Börsen mit der „Todeszone“ für Bergsteiger, die so große Höhen erreichen, daß sie nicht mehr genug Sauerstoff zum Atmen haben. „Viele Todesfälle beim Höhenbergsteigen sind auf die Todeszone zurückzuführen, entweder direkt durch den Verlust lebenswichtiger Funktionen oder indirekt durch falsche Entscheidungen unter Streß oder körperliche Schwächung, die zu Unfällen führen“, so Wilson. „Das ist eine perfekte Analogie für die Situation, in der sich Aktienanleger heute befinden und sich offen gesagt auch in den letzten zehn Jahren oft befunden haben.“

Der Spekulationsrausch beruhe auf der Erwartung, daß die Federal Reserve sich gezwungen sähe, die Liquiditätsdrosselung zu beenden und die Zinsen zu senken, was aber nicht geschieht. Wegen der unerwartet hohen Inflation im Januar – der Verbraucherpreisindex stieg im Jahresvergleich um 5,4% – macht die Fed diese Hoffnungen zunichte. Die Zinsen werden weiter steigen, um die Inflation zu senken. Wilson prognostiziert daher, daß der S&P 500 innerhalb weniger Monate auf 3000 Punkte fällt, ein Rückgang gegenüber heute um etwa 26%.

Von Seiten der Europäischen Zentralbank erklärten sowohl Christine Lagarde als auch Ratsmitglied Isabel Schnabel, daß ihre Bank dasselbe tun wird: „Angesichts des zugrundeliegenden Inflationsdrucks beabsichtigen wir, die Zinssätze auf unserer nächsten Sitzung im März um weitere 50 Basispunkte anzuheben, und werden dann den weiteren Kurs unserer Geldpolitik bewerten“, sagte Lagarde am 15.2. vor einem Ausschuß des Europaparlaments.

Die Auswirkungen der steigenden Zinsen sind in den Entwicklungsländern weitaus schlimmer, wie sich in Lateinamerika zeigt. In Argentinien stieg der Leitzins der Zentralbank von 35% vor einem Jahr auf 75%. Wie zuverlässige Quellen EIR berichten, liegen die tatsächlichen Kreditkosten für viele Unternehmen jedoch über 300%.

In Brasilien führte der steigende US-Zinssatz dazu, daß der Zinssatz der Zentralbank von 10,7% vor einem Jahr auf 13,75% stieg. Im gleichen Zeitraum schoß der Zinssatz in Mexiko von 6% auf 11,25%. Die Inflation steigt in all diesen Ländern sprunghaft an.

Um zu versuchen, ein Monster zu bekämpfen, das sie selbst geschaffen haben – die Inflation -, schaffen die Zentralbanken also mehrere, noch größere Ungeheuer. Das System ist von innen nicht zu retten und muß durch ein neues ersetzt werden.

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