Orbán setzt seine Friedensmission trotz Protestgeheuls aus Brüssel fort

Auf dem Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft im britischen Blenheim Palace am 18.7. forderte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán die Staats- und Regierungschefs erneut auf, sich für Verhandlungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine einzusetzen. Auf X schrieb er: „Wir werden keinen Frieden auf dem Schlachtfeld finden, sondern nur am Verhandlungstisch. Mein Ziel ist es, die europäischen Staats- und Regierungschefs davon zu überzeugen, einen Kurswechsel zu einer Friedenspolitik zu vollziehen.“ Pünktlich zu dem Treffen veröffentlichte Orbáns Büro sein Schreiben vom 12.7. an den Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, in dem er über seine Besuche in Kiew, Moskau, Peking und Washington berichtete (vgl. SAS 27, 28, 29/24).

Michel hatte auf den Brief scharf reagiert und geschrieben, Ungarn spiele „keine Rolle bei der Vertretung der Europäischen Union“. Selbst ein einfaches Gespräch mit Wladimir Putin ist für Brüssel tabu. Orbán hat übrigens nie behauptet, in seiner Eigenschaft als turnusmäßiger Ratspräsident zu handeln, sondern als Präsident einer souveränen Nation.

Am Vortag hatte die Europäische Kommission ihre Kommissare angewiesen, alle Ministertreffen zu boykottieren, die Ungarn während seiner sechsmonatigen Ratspräsidentschaft (seit 1.7.) in Budapest veranstaltet. Verschiedene EU-Regierungen wollen nicht an Treffen in Ungarn teilnehmen. Am 22.7. verurteilte auch Josep Borrell Orbáns Initiative scharf und kündigte an, das für Ende August geplante Außenministertreffen von Budapest nach Brüssel zu verlegen. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto nannte diese Rache der EU „völlig kindisch“.

Ist Orbáns Mission wirklich so radikal? Um sich ein Urteil zu bilden, sollte man seinen Brief an Michel lesen. Er fordert darin „die Aufrechterhaltung der derzeitigen hochrangigen politischen Kontakte mit der Ukraine“, aber auch „die Wiedereröffnung direkter diplomatischer Verbindungen mit Rußland und die Wiederherstellung solcher direkten Kontakte in unserer politischen Kommunikation“. Die Ukraine-Politik der EU habe zu einer „globalen Isolierung der transatlantischen Gemeinschaft“ und einem Verlust an Ansehen und Glaubwürdigkeit im Globalen Süden geführt. Er schlägt vor, daß die EU hochrangige politische Gespräche mit China über die Veranstaltung einer Friedenskonferenz führt. (Übrigens hat Außenminister Wang bestätigt, daß China bereit ist, bei den Bemühungen um eine politische Lösung der Krise mit Ungarn zusammenzuarbeiten.)

Zu seinem Besuch bei Donald Trump am 11.7. stellt Orbán fest, im Falle seiner Wahl im November wäre Trump „sofort bereit, als Friedensvermittler aufzutreten“, und habe „dafür fundierte Pläne“.