Zentralbanken lassen Banken im Regen stehen

Vergangene Woche haben die US-Notenbank (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinssätze jeweils um einen halben Punkt angehoben: die Fed zum siebten Mal in Folge, auf 4,25-4,50%, die EZB zum vierten Mal in Folge, auf 2,50-2,75%. Auch die Bank von England hat neun Erhöhungen auf jetzt 3,5% vorgenommen.

Sowohl die Fed als auch die EZB haben deutlich gemacht, daß weitere Zinserhöhungen folgen werden, angeblich um durch Liquiditätsentzug die Inflation zu senken. Die unmittelbare Folge werden jedoch höhere Kosten zur Refinanzierung von Dollar- und Euro-Schulden sein, was vor allem Entwicklungsländer treffen wird, aber auch ein G7-Land wie Italien mit einem Schuldenstand von 130% des BIP. Staaten werden in Zahlungsverzug geraten, so wie Ghana am 19.12. Das afrikanische Land erhielt vom IWF ein Darlehen über 3 Mrd.$, das aber an harte Austerität geknüpft ist, was zu Produktionseinbußen führen wird. Das bedeutet, Schulden mit noch mehr Schulden zu bekämpfen.

Die größte Verschuldung betrifft jedoch die Derivate, deren wahres Ausmaß niemand kennt, weil die außerbörslichen Finanzwetten (OTC) nicht in den Bankbilanzen erscheinen. Kürzlich schätzte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) das Gesamtvolumen aller außerbörslichen Devisenderivate auf 97 Bio.$. Das „versteckte“ Risiko der großen außeramerikanischen Banken bei Dollar-Devisenderivaten wird auf 39 Bio.$ geschätzt. Zum Vergleich: Das Gesamtkapital dieser Banken ist nicht höher als 3 Bio.$, während sich ihre „nicht versteckten“ Dollar-Verbindlichkeiten (d.h. die in den Bilanzen) auf etwa 15 Bio.$ belaufen. Und, was am wichtigsten ist, die gesamten Dollar-Reserven der Zentralbanken der Welt belaufen sich nur auf etwa 7 Bio.$..

Das heißt: Wenn diese Banken akut einen beträchtlichen Teil dieser Verbindlichkeiten mit Dollars begleichen müssen, haben die Zentralbanken der Welt nicht genug davon, und die Fed müßte viele Billionen mehr drucken. Dies entspräche dem Punkt in Lyndon LaRouches bekannter „Typischer Kollapsfunktion“ oder Tripelkurve, wo Geldmengen in schwindelnder Höhe gedruckt werden müssen, um zu verhindern, daß unbezahlbare und entwertete Schulden völlig zusammenbrechen.

Allein in den letzten drei Jahren gab es drei Episoden akuter Dollar-Liquiditätsknappheit bei großen internationalen Banken, Fonds und letztlich auch Zentralbanken. Die erste war der Zusammenbruch des internationalen Marktes für Dollar-Interbankenkredite im August-September 2019, der am 4. Oktober 2019 das 5. Liquiditätspumpen (QE5) auslöste, wobei die Fed täglich Hunderte von Milliarden Dollar in Großbanken pumpte. Die zweite Phase begann im März 2020, als durch die COVID-Pandemie die weltweite Nachfrage einbrach. Die dritte begann im März/April 2022 aufgrund der NATO-Sanktionen gegen den weltweit größten Rohstoffproduzenten Rußland, die Dollar-Nachschußforderungen auf allen Energie- und Rohstoffmärkten auslösten usw.

Bisher hat keine dieser Episoden das transatlantische Bankensystem zum Einsturz gebracht, die Federal Reserve und andere große Zentralbanken konnten es bisher verhindern. Aber sie sind wie der sprichwörtliche Mann, der vom Wolkenkratzer fällt und unverletzt bleibt – bis er unten aufschlägt.

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