Weitere „Risse“ in Großbanken stehen bevor

Wie wir letzte Woche berichteten, schlägt das Institute of International Finance (IIF) Alarm in Bezug auf die Auswirkungen der höheren Zinsen auf die Gesamtverschuldung, hauptsächlich die Staatsverschuldung. Da das IIF die Lobby der Finanzbranche ist, verschließt es natürlich die Augen vor dem Offensichtlichen: den Auswirkungen auf den Privatsektor. Einen guten Eindruck vom bankrotten Zustand des Finanzsystems erhält man, wenn man sich die Höhe der nicht realisierten Verluste der Banken ansieht, d.h. den Wertverlust ihrer Vermögenswerte durch Zinserhöhungen. Die Ökonomen Pam und Russ Martens beziffern auf ihrer Website Wall Street on Parade diese Verluste für die US-Großbanken im 2. Quartal auf über eine halbe Billion Dollar. (An diese tickende Zeitbombe hat der Chef von JP Morgan Chase, Jamie Dimon, wahrscheinlich gedacht, als er der Times of India sagte, ein Zinssatz von 7% sei für die Banken nicht dauerhaft tragbar.)

Durch höhere Zentralbankzinsen sinkt der Wert aktueller Anleihen (wenn sie beispielsweise als Sicherheiten verwendet werden), und die Staatsverschuldung steigt. Letzteres führt dazu, daß das Angebot an Anleihen wächst, um die höhere Verschuldung zu finanzieren, wodurch die Anleiherenditen in die Höhe getrieben werden – was wiederum zu einer noch stärkeren Abwertung der aktuellen Anleihen führt, usw.

Die Banken verstecken Verluste, indem sie Unmengen solcher Aktiva in eine andere Rubrik ihrer Bilanz verschieben, von „Mark to Market“ (Bewertung zum Marktwert) zu „Held to Maturity“ (bis zur Fälligkeit gehalten). Diese Praxis kommt einem Betrug gleich. Die Anleger müssen für eine faire Bewertung ihrer Anlagen mit dem Marktwert auf den vierteljährlichen Bericht der US-Einlagenversicherung FDIC dieser Papiere warten.

„Die größte Bank Amerikas, JPMorgan Chase, hat massive Mengen an Wertpapieren in diese andere Kategorie ,bis zur Fälligkeit gehalten‘ [HTM] übertragen. Laut dem Finanzbericht von JPMorgan Chase für den Zeitraum bis 31.12.2022 hielt sie 425,3 Mrd.$ an HTM-Wertpapieren, die in Wirklichkeit einen Marktwert von nur 388,6 Mrd.$ haben, ein nicht realisierter Verlust von 36,7 Mrd.$“, berichtet Wall Street on Parade am 25.9. unter der Überschrift „Notstand für die Großbanken“.

„Nach Angaben der FDIC beliefen sich zum 30. Juni 2023 die nicht realisierten Verluste aus Wertpapieren im 2. Quartal auf insgesamt 558,4 Mrd.$, das entspricht einem Anstieg um 42,9 Mrd.$ (8,3%) gegenüber dem Vorquartal. Die prekäre Lage der US-Banken wird noch verschärft durch die Flucht von Einlegern seit den Bankenpleiten im Frühjahr. Die 25 größten Banken haben seit dem 13. April 2022 insgesamt 920 Mrd.$ an Einlagen verloren. Die Anleger setzen entweder auf kleinere Banken, die höhere Zinsen bieten, oder haben kurzfristige US-Schatzpapiere gekauft, die inzwischen eine Rendite von über 5% haben.

Letzteres ist keine gute Nachricht. In der Tat fallen die Kurse von US-Staatsanleihen aufgrund der eingangs beschriebenen Dynamik. So erreichen die Renditen für 10jährige Staatsanleihen in den USA mit 4,57% ein 16-Jahres-Hoch, und einige Anleger vermuten, daß sie auf 5% steigen könnten – ein Niveau, das seit 2007 nicht mehr erreicht wurde. Infolgedessen ist mit weiteren Bankenpleiten zu rechnen.

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