Washington gefangen im politischen Tumult

Mit einer Neuauflage der Wahl von 2020 mit denselben beiden Kandidaten – laut Umfragen beide weithin unbeliebt – ist es keine Überraschung, daß die USA sieben Monate vor dem Urnengang heftige politische Turbulenzen erleben. In beiden Parteien nehmen die Spaltungen zu, angetrieben durch die wachsende Erkenntnis, daß der Stellvertreterkrieg gegen Rußland in der Ukraine verloren ist und daß die Unterstützung für Israels ethnische Säuberung im Gazastreifen Amerika zum Komplizen in einem Vorgehen macht, das viele Juristen als Völkermord einstufen.

Der unmittelbarste Streitpunkt ist Präsident Bidens Gesetzentwurf für eine zusätzliche Finanzierung der Ukraine mit über 60 Mrd.$ und Israels mit über 14 Mrd.$, dazu kleinere Beträge für Taiwan und den Grenzschutz im eigenen Land. Mit Donald Trump und seiner MAGA-Bewegung verbündete Republikaner blockieren die Finanzierung der Ukraine und drohen, Kongreßsprecher Mike Johnson, ebenfalls ein Republikaner, zu entmachten, wenn er dem Druck der Neokonservativen in beiden Parteien nachgibt und den Gesetzentwurf unterstützt. Dessen Befürworter verweisen auf den Zusammenbruch der ukrainischen Verteidigung aufgrund von Personal-, Waffen- und Geldmangel und behaupten, wenn Präsident Putin jetzt nicht gestoppt wird, würde er weiter nach Westen vordringen und NATO-Länder angreifen.

Johnson denkt Berichten zufolge über einen Kompromiß nach, bei dem man die Finanzierung in einen Kredit umwandelt, was unter Republikanern große Wut ausgelöst hat, obwohl die Idee ursprünglich von Donald Trump stammt! Die Kritiker argumentieren, die Ukraine werde niemals in der Lage sein, das Geld zurückzuzahlen. Ein anderer Vorschlag Johnsons ist, über die Finanzierung für die Ukraine und Israel getrennt abzustimmen, da es für letzteres im Kongreß große Unterstützung gibt. Aber unter den Wählern wächst der Widerstand gegen beide Konflikte. Laut Umfragen sind fast drei Viertel der republikanischen Wähler gegen höhere Ausgaben für die Ukraine, und unter den Demokraten wächst der Protest gegen Bidens Unterstützung für Israel.

Zu der Unruhe trägt auch die wachsende Sorge bei, daß sich diese Konflikte zu einem Weltkrieg ausweiten könnten. Israels Raketenangriff auf das iranische Konsulat in Syrien und der anschließende iranische Vergeltungsschlag zeigen, wie begründet diese Sorge ist.

Unterdessen dürfte Trumps angelaufener Gerichtsprozeß in Manhattan das Chaos noch verschlimmern. Dem Ex-Präsidenten wird vorgeworfen, in 34 Fällen Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben, um Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zu zahlen, damit eine Affäre mit ihr vertuscht wird. Er muß während des Prozesses, der sechs Wochen dauern kann, vier Tage pro Woche vor Gericht erscheinen. Drei weitere Strafverfahren sind angesetzt, so daß Trump zu Recht behaupten kann, er sei das Opfer einer „Hexenjagd“ der Regierung Biden und des Justizministeriums.

In einem derart emotional aufgeladenen Umfeld sind die Erwartungen an eine ernsthafte Debatte zwischen den führenden Präsidentschaftskandidaten gering.

Die Wähler müssen sich zwischen den konkurrierenden Darstellungen der Gehirnwäsche-Experten in den Medien entscheiden – kein hoffnungsvolles Zeichen für den Rest der Welt.

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