Was die Deutschen von den Chinesen wieder erlernen können

In Übereinstimmung mit der negativen Haltung der EU mauert die deutsche Regierung bisher bezüglich einer erweiterten Zusammenarbeit mit den Chinesen, behält aber ein Minimum an Diplomatie bei. Auf regionaler Ebene sind deutsche Unternehmen und Institutionen durchaus in China und entlang der Neuen Seidenstraße aktiv, eine übergreifende Strategie fehlt jedoch.

Deshalb werden die enormen Chancen, die Beijings Plan „Ein Gürtel, eine Straße“ eröffnet, in Deutschland bei weitem nicht ausgeschöpft, obwohl besonders im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) das Interesse wächst. Um diese Tendenz zu verstärken und einen Kurswechsel in der Bundespolitik herbeizuführen, veranstaltet das Schiller-Institut am 21.10. in Essen eine Konferenz zum Thema „Chancen für Deutschland mit der Neuen Seidenstraße“.

Zuvor finden allein im September in NRW vier internationale Veranstaltungen statt, die sich mit Aspekten von „Gürtel und Straße“ befassen: in Köln, Duisburg und zwei in Düsseldorf. Bei der von der Zeitung Rheinische Post organisierten Konferenz „China trifft NRW 2016“ in Düsseldorf am 15.-16.9. waren die Begrenzungen der deutschen Haltung noch allzu sichtbar. Die bedeutenden weltpolitischen Folgen der chinesischen Strategie, besonders die Ablösung der Geopolitik durch „Win-win-Zusammenarbeit“, war dort kaum ein Thema.

Interessant war jedoch eine Konferenzsitzung über die Städtepartnerschaft zwischen Düsseldorf und Chongqing am 15.9., weil China in Chongqing im gewaltigen Maßstab Infrastruktur- und Städtebau vorantreibt. Es wurde offen zugegeben, daß die Chinesen Tugenden pflegen, die in Deutschland weitgehend verlorengegangen sind: eiserne Disziplin, Konzentration auf klar definierte Großprojekte und ein fester Zeitplan, der eingehalten wird.

Die Schwächen der deutschen Haltung haben auch negative Folgen für die deutschen Exporte. Ein Sprecher wies darauf hin, daß die Chinesen mit dieser Einstellung im Eisenbahn- und Kraftwerksbau Außenmärkte erobern, auf denen Deutschland früher fest verankert war. China bietet Komplettpakete für Projekte einschließlich Material, Arbeitskräften und Finanzierung an, was den EU-Staaten verboten ist. Ein deutscher Architekt, dessen Firma mehrere Großprojekte in China durchführte, sagte dazu, die Dynamik in China erinnere daran, wie es in Amerika vor hundert Jahren gewesen sein muß.

Der Moderator merkte auch an, daß bis 2030 in China 350 Millionen Menschen – mehr als die Bevölkerung der USA – vom Land in die Städte ziehen werden. Das werde eine gewaltige Herausforderung sein, aber Chinas Eliten seien fest entschlossen, die notwendigen Wohnungen zu bauen und den Zeitplan einzuhalten.

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