Wahlen in Frankreich: Sieg für einen faktischen „patriotischen Block“

Das Ergebnis der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen am 9.4. erschien wie eine Neuauflage des Drehbuchs von 2017: Emmanuel Macron gegen Marine Le Pen. Doch während die Akteure dieselben sind (was Solidarité et Progrès sowie 2/3 der Wähler zu verhindern hofften), ist der Kontext ein ganz anderer.

Macrons Ergebnis ist mit 27,6% für einen amtierenden Präsidenten eher schwach. Dagegen hatte Le Pen mit 23,4% ein gutes Ergebnis, 3,4% mehr als 2017. Und das, obwohl die französische Oligarchie, vertreten durch Vincent Bolloré, gegen sie die Kandidatur des rechtsextremen Rassisten Eric Zemmour lancierte, der ihr 7% der Stimmen abnahm.

Hinzu kommt das Ergebnis von Jean-Luc Mélenchon, Vorsitzender der linken „France insoumise“, der erstmals 22% der Stimmen erhielt. Wenn man die Stimmen von Le Pen und Mélenchon zusammenzählt, kommt man auf 45,4%, etwa 18 Punkte mehr als Macron.

Aber macht es Sinn, diese Stimmen zusammenzuzählen, da doch eine Partei „ganz rechts“ und die andere „ganz links“ ist? Ja, es macht Sinn, denn Le Pen führte entgegen ihres Profils nicht mit den Themen Einwanderung, Unsicherheit und Identität Wahlkampf (wozu sie einige drängten), sondern mit dem enormen Rückgang des Lebensstandards und der fehlenden Zukunftsperspektive für Junge wie Ältere. Gleiches gilt für Mélenchon. Trotz anderer Differenzen betonten beide im Wahlkampf die Notwendigkeit der französischen Unabhängigkeit, insbesondere in der Außen- und Verteidigungspolitik. Beide sind für eine ausgewogene Position Frankreichs, um mit Rußland und China und allen anderen Mächten außerhalb der Blocklogik sprechen zu können. Und beide sind für die Wiederherstellung der an die EU verlorenen Souveränität.

Allerdings müssen beide Bewegungen in wichtigen Bereichen noch Fortschritte machen, woran Jacques Cheminades Partei Solidarité et Progrès in den kommenden Monaten arbeiten wird, angefangen mit der Parlamentswahl im Juni. Der schlecht beratene Mélenchon hat sich in den letzten Jahren zum Atomkraftgegner entwickelt und wird keine Erhöhung des Lebensstandards organisieren können, wenn er dabei bleibt. Le Pen ist für Kernenergie, doch ihre Anti-Immigrationspolitik ist nach wie vor unmenschlich, auch wenn es nicht das Hauptthema ihres Wahlkampfes war. Eine Verweigerung medizinischer Behandlung für illegale Einwanderer beispielsweise würde nur das Leben aller französischen Bürger gefährden.

Insgesamt hat sich die Mehrheit der Franzosen für eine Politik des industriellen und sozialen Fortschritts für das Land und für Stabilität in den internationalen Beziehungen ausgesprochen. Die Parteien, die als klarste Vertreter der untergehenden Ordnung der Globalisierung und der finanziellen Ausbeutung gelten, wurden knallhart abgelehnt: Anne Hidalgo von der Sozialistischen Partei erhielt 1,7%, Valérie Pécresse von den Republikanern 4,8% und Yannick Jadot von den Grünen 4,4%.

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