Systemrelevante Banken sind eine Gefahr für alle

Am 13.4. veröffentlichten die Federal Reserve und die US-Einlagenversicherung FDIC die Beurteilung der neuen sog. „Patiententestamente“ (Pläne für den Fall einer Zahlungsunfähigkeit) der US-Großbanken, und schon im dritten Jahr in Folge haben sie die „Patiententestamente“ der meisten großen Wall-Street-Banken als undurchführbar und unglaubwürdig eingestuft. „Undurchführbar“ bedeutet praktisch, daß die Bank im Falle einer Zahlungsunfähigkeit zu groß und zu komplex wäre, um sie vor einem Insolvenzgericht abzuwickeln oder ohne staatliche Stützungsgelder zu retten. Ihr Scheitern hätte also verheerende Folgen für das Finanzsystem und für die Steuerzahler.

Fünf der acht geprüften Großbanken – Bank of America, JP Morgan Chase (JPMC), Wells Fargo, State Street Bank und Bank of New York-Mellon – fielen bei beiden Aufsichtsbehörden durch. Auch für die übrigen drei der acht Megabanken fiel das Ergebnis schlecht aus. Das „Testament“ von Goldman Sachs fiel bei der Prüfung der FDIC durch, wurde jedoch von der Federal Reserve akzeptiert, im Fall von Morgan Stanley war es umgekehrt. Nur die Dokumente der Citigroup – die allerdings die „Banken-Streßtests“ nicht bestanden hatte –, wurden von beiden Behörden akzeptiert, jedoch nur unter zusätzlichen Auflagen. Für vier ähnlich hoffnungslose ausländische Banken – Barclays, Deutsche Bank, UBS und Credit Suisse – wurde die Vorlagefrist für das „Testament“ verlängert.

Die Fed-Aufseher erklären in ihrem Schreiben an JP Morgan, sie hätten in dem Testament der Bank „einen Mangel identifiziert, der ernste negative Folgen für die finanzielle Stabilität der Vereinigten Staaten“ haben könnte. Wie die Analysten Pam und Russ Martens schrieben, sollten alle Bürger „es mit der Angst zu tun bekommen“, wenn eine einzelne Bank so gefährlich ist.

Das Hauptproblem ist die Liquidität, wie die Aufseher auch bei anderen Banken bemängeln: „JPMC hat keine angemessenen Modelle und Prozesse für die Berechnung und Aufrechterhaltung ausreichender Liquidität, auf welche materielle Einheiten bei der Abwicklung leicht zurückgreifen können. Das Liquiditätsprofil von JPMC ist anfällig für feindselige Handlungen dritter Parteien.“

So sei die Bank zu stark abhängig von Geldern ausländischer Institute, um die in einer finanziellen Notlage ein „Ringzaun“ (abgeschwächte Form der Bankentrennung) errichtet werden könnte. Dies bezieht sich offenkundig auf die riesigen Derivatverpflichtungen der Bank, mit Kautionen und kurzfristigen Einlagen, welche in einer Krise beschlagnahmt werden können, womit der Bank die nötige Liquidität entzogen wäre.

Tatsächlich lieferte JPMC überhaupt keinen Plan für die Abwicklung seiner Derivatgeschäfte, deren Nominalwert 51 Bio.$ beträgt. Zudem sind 69% davon außerbilanzliche (OTC-) Derivate, die an keiner Börse abgerechnet werden.

Nachdem sich die internen Kontrollen der Großbanken als unwirksam erwiesen haben und im Ernstfall weitere staatliche Stützungen nötig wären, ist die Federal Reserve nun sogar nach dem bankenfreundlichen Dodd-Frank-Gesetz befugt, diese Banken bis zum 1. Oktober zu zerschlagen. Sie kann sie zwingen, ihre nicht zum Kerngeschäft gehörenden Abteilungen (davon gibt es Tausende) zu veräußern. Genau darauf hat die Stanford-Ökonomin Dr. Anat Admati am 4.4. hingewiesen, als sie bei einer Anhörung zum Thema „Die ,Systemrelevanz’ beenden“, die vom Präsidenten der Federal Reserve Bank von Minneapolis Neel Kashkari veranstaltet wurde, als Sachverständige auftrat.