Putins Ansichten über das Ende der unipolaren Weltordnung

Was auch immer die westlichen Regierungen von Wladimir Putin und seiner Politik halten mögen, sie täten gut daran, seine Sicht, wie sich die Welt entwickelt und warum, ernst zu nehmen. Diese Sicht brachte er in einer Rede vor der Duma am 7.7. klar zum Ausdruck. Seine Kritik an der Politik des Westens wird von einer großen Mehrheit der Welt außerhalb der transatlantischen Blase, aber auch von immer mehr Menschen darin geteilt. Vor diesem Hintergrund zitieren wir Auszüge aus der Rede des Präsidenten.

Nach jahrzehntelanger Ablehnung der russischen Vorschläge für „gleiche Sicherheit“ in Europa seien schließlich ein Krieg entfesselt und Sanktionen verhängt worden. Aber:

„Sie hätten von Anfang an erkennen müssen, daß sie bei unserer Militär-Sonderoperation verlieren würden, denn diese Operation bedeutet auch den Beginn eines radikalen Zusammenbruchs der Weltordnung amerikanischer Prägung. Es ist der Beginn des Übergangs vom liberal-globalistischen amerikanischen Egozentrismus zu einer wahrhaft multipolaren Welt, die nicht auf eigennützigen Regeln beruht, die sich jemand für seine eigenen Bedürfnisse ausgedacht hat und hinter denen sich nichts anderes als das Streben nach Hegemonie verbirgt, nicht auf heuchlerischen zweierlei Maßstäben, sondern auf dem Völkerrecht und der echten Souveränität der Nationen und Zivilisationen, auf ihrem Willen, ihr historisches Schicksal mit ihren eigenen Werten und Traditionen zu leben und Zusammenarbeit an den Grundlagen von Demokratie, Gerechtigkeit und Gleichheit auszurichten.

Alle sollten verstehen, daß dieser Prozeß sich nicht aufhalten läßt. Der Lauf der Geschichte ist unaufhaltsam, und die Versuche des kollektiven Westens, dem Rest der Welt seine neue Weltordnung aufzuzwingen, sind zum Scheitern verurteilt.“

Putin betonte weiter: „Die herrschenden Klassen der westlichen Länder, deren Natur supranational und globalistisch ist, haben erkannt, daß sich ihre Politik zunehmend von der Realität, dem gesunden Menschenverstand und der Wahrheit entfernt, und sie greifen zu offen despotischen Methoden. Der Westen, der sich einst zu demokratischen Grundsätzen wie Meinungsfreiheit, Pluralismus und Respekt vor abweichenden Meinungen bekannte, ist heute in das Gegenteil verfallen: Totalitarismus. Dazu gehören Zensur, Medienverbote und die willkürliche Behandlung von Journalisten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.“

Zur Lage in der Ukraine sprach er eine deutliche Warnung aus: „Heute hören wir, daß sie uns auf dem Schlachtfeld besiegen wollen. Nun, was soll ich sagen? Sollen sie es versuchen. Wir haben schon viel darüber gehört, daß der Westen ,bis zum letzten Ukrainer‘ gegen uns kämpfen will. Das ist eine Tragödie für das ukrainische Volk, doch in diese Richtung scheint es zu gehen. Aber jeder sollte wissen, daß wir im Großen und Ganzen noch gar nichts Ernsthaftes angefangen haben. Gleichzeitig lehnen wir Friedensgespräche nicht ab, aber diejenigen, die sie ablehnen, sollten wissen, daß es für sie umso schwieriger wird, mit uns zu verhandeln, je länger es dauert.“

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