Petersburger Wirtschaftsforum diskutiert über Ent-Dollarisierung

Nach über einem Jahr wirtschaftlicher Verheerung durch die Pandemie war das diesjährige Internationale Wirtschaftsforum in St. Petersburg (SPIEF) rekordverdächtig hinsichtlich der Teilnehmerzahl wie auch des Gesamtwerts der abgeschlossenen Geschäfte. Ein wiederkehrendes Thema in etlichen der zahlreichen Sitzungen vom 2.–5.6. war die implizite -und in einigen Fällen sehr explizite -Ablehnung des westlichen Unilateralismus, der sog. „regelbasierten Ordnung“. Dies schließt ausdrücklich das Diktat des geplanten „Great Reset“ ein, der das Finanzsystem (und nicht den Planeten…) retten soll.

Eine der interessantesten Diskussionsrunden, am 3.6. unter dem Vorsitz des Waldai-Diskussions-Clubs, befaßte sich mit der Tatsache, daß die illegale Praxis einseitiger Sanktionen der USA, Großbritanniens und der EU einen Punkt erreicht hat, an dem mehrere maßgebliche Staaten, allen voran Rußland und China, intensiv über einen Ausstieg aus dem vom Dollar dominierten internationalen Finanzsystem verhandeln.

Rußlands Vize-Finanzminister Wladimir Kolytschew bemerkte, als Ergebnis dieser illegalen Sanktionen „entsteht ein neues globales Finanzsystem. Es wird nicht über Nacht kommen, aber es ist unvermeidlich. Die sanktionierten Länder werden es tun.“ Es gebe einen beständigen Rückzug aus den bestehenden Strukturen, weil es nicht länger sicher sei, den US-Dollar zu verwenden. (Washingtons Anspruch, Sanktionen gegen Staaten, Unternehmen und Personen verhängen zu dürfen, basiert schlicht darauf, daß fast alle globalen Handelstransaktionen über das Dollarsystem laufen, selbst wenn der Handel nichts mit den USA zu tun hat.) Rußlands Handel wurde noch 2019 zu 80 % in Dollar abgewickelt, so Kolytschew, aber jetzt sind es weniger als 50 %. Die Devisenreserven in Rußland bestehen nur noch zu 20 % aus Dollars.

Die Kritik richtete sich auch gegen die EU. Laut dem russischen Botschafter bei der EU, Wladimir Tschischow, der ebenfalls auf dem Podium sprach, hat Brüssel inzwischen Sanktionen gegen 32 Länder verhängt. Brüssel behauptet, dies sei das „Mittel letzter Wahl“, aber „das ist leider keine Tatsache, im Gegenteil – es ist ihre erste Wahl.“ Nur vom UN-Sicherheitsrat genehmigte Sanktionen seien völkerrechtlich legal, betonte er, wie viele andere Redner auch. Die Beziehungen zwischen der EU und Rußland seien im Grunde zum Stillstand gekommen, was sich auch daran zeigte, daß aus „politischen Gründen“ fast keine EU-Vertreter am SPIEF teilnahmen.

Interessant in dem Zusammenhang ist, daß US-Präsident Biden die Sanktionen gegen die Gaspipeline Nord Stream 2 gelockert hat, aber viele in Europa befürchten, daß seine Entscheidung jederzeit gekippt werden kann, wenn die geopolitische Eskalation gegen Rußland es rechtfertigt.

Der Schritt zum Ausstieg aus dem vom Dollar dominierten Finanzsystem ist zwar verständlich, aber die Lösung besteht nicht im Aufbau rivalisierender Systeme und konkurrierender Handelsblöcke. Notwendig ist eine internationale Zusammenarbeit auf der Grundlage von Lyndon LaRouches Vier Gesetzen, die auf der Konferenz des Schiller-Instituts am 26.–27.6. ebenfalls diskutiert werden.

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