Neue Seidenstraße weist den Weg in die Zukunft, Davos-Forum wartet auf den großen Crash

Letzte Woche fanden zwei Ereignisse statt, zwischen denen sich kaum ein größerer Kontrast vorstellen läßt: auf der einen Seite das pompöse Treffen der Finanz- und Wirtschaftselite beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos, auf der anderen die hoffnungsvolle Perspektive, die durch die spektakuläre Reise des chinesischen Präsident Xi Jinping nach Saudi-Arabien, Ägypten und den Iran im Rahmen von Beijings Projekt der Neuen Seidenstraße aufgetan wurde.

Im Gegensatz zur bislang vorherrschenden westlichen Politik des „Teile und Herrsche“ schafft die von China angebotene Wiederaufbau- und Entwicklungsperspektive die Voraussetzung für die Beendigung der religiösen und anderen Konflikte und Machtspiele im Nahen Osten und letztlich auch für die Überwindung der Flüchtlingskrise in Europa.

In Davos dagegen herrschte trotz einiger optimistischer Prognosen weitgehend eine Weltuntergangsatmosphäre. Eine der Hauptsorgen war der unhaltbare Absturz der Weltmärkte: „Öl-Alptraum beherrscht Davos“, lautete eine Schlagzeile bei Bloomberg News. Eine weitere war der drohende Zerfall der EU und der Eurozone. Ein Redner nach dem anderen warnte vor der Gefahr eines „Brexit“ (britischer EU-Austritt), andere beklagten, daß die EZB Mario Draghis weiteren Liquiditätszusagen zum Trotz die Banken nicht retten könne.

Der berüchtigte Milliardär George Soros erklärte, die EU stehe wegen der Auseinandersetzungen in der Flüchtlingskrise „am Rande des Zusammenbruchs“. Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls äußerte die Befürchtung, das gesamte „europäische Projekt“ könne an den Problemen mit Terrorismus, Populismus und Migranten schon kurzfristig scheitern. Die Realität hat sich schon so weit Bahn gebrochen, daß sogar der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble einen Marshallpan für den Nahen Osten als Mittel gegen die Flüchtlingskrise fordert (s.u.).

Am Rande des Forums lieferte William White, Vorsitzender des Review Committee der OECD und ehemaliger BIZ-Chefökonom, in einem Interview mit Ambrose Evans-Pritchard vom Londoner Daily Telegraph am 20.1. eine nüchterne Analyse. „Die Lage ist schlimmer als 2007“, sagte White. Die in den letzten acht Jahren weltweit akkumulierten Schulden hätten ein solches Niveau erreicht, daß in der nächsten Rezession ein Großteil davon nicht bedient oder zurückgezahlt werden könne. „Die einzige Frage ist nur noch, ob wir der Realität ins Auge blicken und uns dem, was auf uns zukommt, in geordneter Weise stellen können, oder ob es ungeordnet ablaufen wird. Schuldenerlasse gibt es seit 5000 Jahren, schon seit den Sumerern.“

White hat Recht damit, daß ein Schuldenerlaß notwendig ist. Leider sagt er nicht, daß zuvor eine Glass-Steagall-Bankentrennung notwendig ist, um zwischen legitimen und illegitimen Schulden zu unterscheiden.

Print Friendly, PDF & Email