NATO erklärt sich zur politischen Organisation mit erweitertem Aufgabenbereich

Die NATO ist nicht mehr nur ein Militärbündnis zur gegenseitigen Verteidigung seiner atlantischen Mitglieder, sie ist jetzt ein politisch-militärisches Bündnis mit Zielen und Interessen auf der ganzen Welt -so lautete die Botschaft ihres Generalsekretärs Jens Stoltenberg in einer virtuellen Rede am 4.4., die von der Brookings Institution und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) veranstaltet wurde. Bei der Gelegenheit stellte Stoltenberg seinen Vorschlag „NATO 2030“ vor, der auf dem NATO-Gipfel am 14.6. präsentiert werden soll. Den Ton setzte er mit Angriffen auf Rußland und China und ihren „autoritären Vorstoß gegen die regelbasierte internationale Ordnung“ (das NATO-Wort für anglo-amerikanischen Unilateralismus).

Der 20-Mrd.-$-Plan NATO 2030 umfaßt acht Punkte, der erste lautet: „Wir werden die NATO als einzigartiges und unverzichtbares Forum für transatlantische Konsultationen stärken, und zwar in allen Fragen, die die transatlantische Sicherheit betreffen, also beispielsweise auch in Bezug auf Syrien, den Iran oder das Südchinesische Meer“ (eine sehr breite Auslegung des Begriffs „transatlantisch“). Die NATO „ist nicht nur ein Militärbündnis, wir sind ein politisch-militärisches Bündnis. Und selbst wenn wir keine militärischen Maßnahmen ergreifen, ist unsere politische Einheit wichtig.“ Zu den übrigen Punkten gehörte das übliche Gerede über die „gemeinsamen Werte“ der Mitgliedsländer und Partner.

NATO 2030 richte sich gegen China, mehr noch als gegen den erklärten Gegner Rußland, so Stoltenberg, und werde „Partner im asiatisch-pazifischen Raum, Australien, Neuseeland, Japan, Südkorea“ ansprechen. Betont wird weiter, man müsse neben den traditionellen militärischen Aspekten auch gegen die Folgen des Klimawandels, Pandemien und Cyber- Bedrohungen vorgehen.

Aus Amerika äußerten Außenminister Blinken und Verteidigungsminister Austin volle Unterstützung für das NATO-2030 -Konzept. In Frankreich hingegen gibt es dagegen Widerstand. Einem Reuters-Bericht vom 28.5. zufolge stößt der Plan, „der NATO mehr Flexibilität zu geben, um militärischen Bedrohungen, dem Klimawandel und dem Aufstieg Chinas zu begegnen, in Frankreich auf entschiedenen Widerstand“. Die Franzosen befürchten offenbar, daß die souveräne Befugnis der Mitgliedsländer zur Gestaltung ihrer eigenen Landesverteidigung untergraben wird.

Als wollte er unterstreichen, daß die Allianz ein globales Imperium durchsetzen will, besuchte Stoltenberg am 27.5. die HMS Queen Elizabeth, die gerade vor der Küste Portugals lag. An Deck erklärte er, dieser Flugzeugträger „projiziert Macht, um uns alle zu schützen. Er hat US-Marines an Bord. Er wird von einer niederländischen Fregatte geschützt und ist auf dem Weg in den Pazifik. Dies ist also ein perfektes Beispiel dafür, wie Europa und Nordamerika in der NATO für unsere kollektive Sicherheit zusammenarbeiten.“

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