Naher Osten und Europa: Trumps erste Auslandsreise machte viele nervös

In seiner neuntägigen Auslandsreise setzte US-Präsident Donald Trump einen neuen Ton für die US-Politik im Nahen Osten und in Europa. Beim NATO-Gipfel ermahnte er die Europäer, ihre finanziellen Verpflichtungen für die Verteidigung zu erfüllen. Zudem fiel einigen auf, daß er Amerikas Verpflichtung im NATO-Bündnisfall nicht erwähnte, was einige sehr besorgt machte – obwohl Trumps Politik sich bekanntlich häufig ändert.

Daß er seine erste Auslandsreise in Saudi-Arabien begann, war ein Schock für einige politische Kreise in Israel, die darin ein Signal sahen, daß Israel nicht mehr Amerikas wichtigster Verbündeter im Nahen Osten ist. Trump machte deutlich, daß er seine oberste Priorität im Kampf gegen den Terrorismus sieht. Und auch wenn er den Iran als angebliche Hauptquelle dieser Gefahr verurteilte – was angesichts der Tatsachen absurd ist –, machte er auch Druck auf die saudische Führung, die Finanzierung von Frontorganisationen von Al Kaida, ISIS und anderen sunnitischen Dschihadisten aus dem saudischen Königshaus und staatlichen Stiftungen zu beenden.

Thierry Meyssan, der Gründer von Voltaire Net, der die arabische Welt gut kennt, hatte eine interessante Einschätzung zu Trumps Position: Daß Trump die Dschihadisten – und nicht die syrische Regierung – als den Feind bezeichne, signalisiere einen Kurswechsel der US-Militärpolitik. Denn der Dschihadismus sei „das strategische Werkzeug von Großbritannien, Saudi-Arabien und der Türkei“, das in der Geschichte dem Nahen Osten immer wieder Zerstörung brachte. Meyssan nennt speziell die Briten als Hintermänner der Muslimbrüder. Man müsse nun sehen, wie London auf Trumps Absicht reagiert, „dem Dschihadisten-Werkzeug der angelsächsischen Geheimdienste den Garaus zu machen“.

Vor Ort in Syrien koordinieren Amerikaner und Russen weiterhin eng ihr Vorgehen. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu berichtete am 24.5. im Föderationsrat: „Wir sprechen mit ihnen [den Amerikanern] rund um die Uhr, Tag und Nacht, und wir kommen auf verschiedenen Wegen zusammen… Ein großes Werk ist mit ihnen im Gange.“

Der Leiter des Zentralkommandos der US-Luftwaffe, Gen. Jeffrey Harrigian, bestätigte am selben Tag die enge militärische Koordinierung und fügte hinzu: „Wir haben im wesentlichen einen gemeinsamen Feind, ISIS.”

Auf diplomatischer Ebene fand vor zwei Wochen die sechste Runde der Genfer Syrien-Friedensgespräche statt, und es gab dem UN-Sondergesandten Staffan de Mistura zufolge kleine Fortschritte. Vor dem UN-Sicherheitsrat lobte de Mistura am 22.5. besonders die Verhandlungen von Rußland, Türkei und Iran in Astana über die Deeskalationszonen in Syrien sowie allgemein die Rolle Rußlands im Friedensprozeß.

Auch wenn Donald Trump nominell eine harte Linie gegen Teheran fährt, müßte allen Beteiligten klar sein, daß der Iran unverzichtbar ist, wenn man die Region stabilisieren und letztlich Frieden schaffen will.

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