Kauft die EZB demnächst Abziehbildchen?

Weit weg von Asien, in den Vorstandsetagen der transatlantischen Zentralbanken, sieht die Debatte ganz anders aus. Wie wir letzte Woche berichteten, finden die Zentralbanken keinen Ausweg aus ihrer Strategie des Gelddruckens (Quantitative Erleichterung, QE). Gleiches gilt für die Zinsrate: Sie geben zu, daß die gegenwärtige Politik verheerende Folgen für die Sparguthaben und für das Bankensystem hat, aber sie wissen auch, daß die Finanzmärkte sofort zusammenbrechen würden, wenn sie die Zinsen erhöhen.

Aber bei der QE-Strategie ist das Ende der Fahnenstange erreicht, egal wie sehr EZB-Chef Mario Draghi und seine Mitstreiter sich wünschen, sie auszuweiten. Ihr Problem besteht darin, daß das Universum von Finanzpapieren, die sie nach den Vorgaben des laufenden EZB-Programms aufkaufen dürfen, bald aufgezehrt ist. Anvisiert sind monatliche Käufe von 80 Mrd.€, aber in den letzten beiden Monaten hat die EZB jeweils „nur“ 60 Mrd.€ erworben.

Ein Grund dafür ist, daß der Markt der Unternehmensanleihen in Europa klein ist. Die EZB besitzt jetzt mehr als 1 Bio.€ Staatsanleihen, aber nur 20 Mrd.€ Firmenanleihen. Die einzige Möglichkeit für eine Ausweitung der Käufe wären Papiere, die noch weniger wert sind als Ramsch. Vielleicht Panini-Abziehbildchen? Benoit Coeuré vom EZB-Vorstand erklärte kürzlich, die einzige praktische Grenze für die Ausweitung der Nullzins- bzw. Negativzinspolitik komme, wenn die Einleger ihr Geld von der Bank abheben.

Unterdessen verwenden die Wall-Street- und City-Banken, die als einzige wirklich vom EZB-Geld profitieren, die Ersparnisse von Einlegern und Investoren, um den Derivatmarkt aufzublähen. Ein neues Finanzprodukt, die „strukturierten CDs“ (Market-linked Certificate of Deposits), verknüpft Bankkonten und Derivate anhand der Entwicklung eines Aktienkorbs oder anderer Papiere auf eine Art und Weise, die der Käufer der CD-Papiere gewöhnlich nicht kennt oder versteht.

Die strukturierten CDs beruhen auf Indizes von Goldman Sachs und werden von Bankern und Brokern, die dafür eine Kommission erhalten, an Kunden regionaler Banken verkauft. Den Anlegern wird eine erhöhte Rendite versprochen, aber das Wall Street Journal hat bei einer Prüfung von mehreren hundert strukturierten CDs festgestellt, daß unter denjenigen davon, die eine positive Rendite hatten, 60% eine geringere Rendite erbrachten als konventionelle CDs mit derselben Laufzeit – die ohnehin schon klein ist. Und ein Viertel der strukturierten CDs hatten zum Zeitpunkt der Überprüfung noch gar keine Rendite eingefahren.

Bloomberg News berichtete, daß die Megabanken der Wall Street damit eine Vorschrift der Bankenreform Dodd-Frank umgehen, die verhindern soll, daß ihre Holdings den Kunden strukturierte Finanzprodukte verkaufen. Dazu gründeten die Banken Tausende Tochterunternehmen mit Sitz im Bundesstaat Delaware, die diese Papiere ausgeben, während die Holdings sie garantieren.

Nur eine strikte Bankentrennung nach dem Glass-Steagall-Modell kann die Geschäfts- und Einlegerbanken wirklich schützen und beaufsichtigen, und sicherstellen, daß die Kundengelder als Kredite in die Realwirtschaft fließen.

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