„Italiens Beitritt zu Chinas Belt and Road Initiative war richtig“
Der italienische Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Unterstaatssekretär im Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung Michele Geraci war einer der Hauptredner des ersten Abschnitts der Konferenz des Schiller-Instituts, die am 8. und 9.7. in Straßburg, Frankreich, stattfand (siehe SAS 28/23) und bei der es um die Notwendigkeit ging, daß sich die europäischen Staaten mit dem globalen Süden zusammenschließen, um ein neues Paradigma in den internationalen Beziehungen zu schaffen. Als er 2018/19 der italienischen Regierung angehörte, war Geraci persönlich sehr stark an der Aushandlung der Absichtserklärung (MoU) mit Beijing beteiligt, mit der Italien der Belt and Road Initiative (BRI) oder Neuen Seidenstraße beitrat. Dieses Abkommen hat in pro-atlantischen Kreisen für viel Irritation gesorgt, die verschiedene Einwände erhoben und sich heute gegen seine Verlängerung aussprechen. Nachdem er einige dieser Einwände in seinem Vortrag widerlegt hatte, erläuterte Geraci, warum die BRI seiner Meinung nach die Lösung für die strategische Krise ist.
Einwand Nr. 1: „Italien ist das einzige G7-Land, das sich der BRI anschließt“, und ist somit isoliert. Ja, in der G7 ist Italien das einzige Land, aber nicht in der G20 oder der NATO, in denen sich 13 Länder der BRI angeschlossen haben! Selbst in der EU ist das Gründungsmitglied Luxemburg Mitglied, und in Europa ist es die Schweiz. Verglichen mit den G20, der NATO und der EU ist die G7 am wenigsten repräsentativ, sie hat nicht einmal einen Rechtsstatus.
Einwand Nr. 2: Italien würde seine Häfen an China „verscherbeln“. Dies sei praktisch unmöglich, erklärte Geraci, da ein solcher Verkauf gesetzlich verboten sei. Der Ausbau der Häfen und ihre Umwandlung in ein Terminal der maritimen Seidenstraße wäre hingegen von großem Nutzen für das Land, da sie einen großen Teil der von Suez kommenden Container aufnehmen könnten, die nun die Iberische Halbinsel umrunden müssen, um auf die nord- und mitteleuropäischen Märkte zu gelangen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, daß China bereits als Eigentümer oder Miteigentümer in Häfen präsent ist, die Italiens Verbündeten gehören.
Ein weiterer Einwand: Durch die Aufnahme chinesischer Direktinvestitionen würde Italien in die „Schuldenfalle“ geraten. Dies sei lächerlich, so Geraci, denn selbst wenn China 10, 20 oder gar 50 Milliarden Euro in Italien investieren würde, wäre dies nur ein verschwindend geringer Anteil an einem BIP von fast zwei Billionen.
Darüber hinaus hat Italiens Mitgliedschaft in der BRI, die durch Xi Jinpings Besuch in Italien sanktioniert wurde, dem Tourismussektor bereits Vorteile gebracht. Nachdem der chinesische Präsident Palermo besuchte und sich über die Schönheit der Stadt äußerte, wurden die örtlichen Hotels bereits am nächsten Tag mit Reservierungen aus China überschwemmt!
Der zentrale Aspekt der Absichtserklärung, so Geraci, betrifft jedoch die italienisch-chinesische Zusammenarbeit bei der Entwicklung Afrikas, die der einzige Weg ist, die irreguläre Migration zu stoppen. Um ein konkretes Beispiel für die Funktionsweise der BRI zu geben, zeigte er dann einen Film über seine jüngste Reise nach Laos und Thailand von Shanghai aus, wo er einen Lehrstuhl innehat. Dank der neuen 414 km langen Boten-Vientiane-Eisenbahn, die im Rahmen der BRI gebaut wurde, hat sich die Reisezeit zwischen China und der Hauptstadt von Laos halbiert. Ein wichtiger Effekt der modernen Verkehrsmittel ist, daß sie auch die Stimmung der Menschen verändern. In Laos macht sich ein Optimismus breit, der in den Augen eines ausländischen Beobachters spürbar ist.