Gefährliche geopolitische Spiele in Libyen

Als die libysche Armee am 3.3. ankündigte, sie habe Bengasi eingeschlossen und werde es bald von den von außen gesteuerten Dschihadistenmilizen befreien, rief der US-Botschafter in Rom die italienische Regierung auf, eine ausländische Intervention in Libyen anzuführen und dafür 5000 Soldaten zu stellen. Washington selbst werde militärische Aufklärung, aber keine Truppen liefern, sagte er der Zeitung Corriere della Sera.

Die libysche Armee steht loyal zur international anerkannten Regierung, die gegenwärtig ihren Sitz in Tobruk hat. Das Ersuchen des Botschafters ist ein Ausdruck davon, daß ihre militärischen Erfolge im Osten des Landes der Regierung Obama nicht gefallen. Dies hat zwei Gründe: Erstens ist ihr Vormarsch Teil einer von Ägypten und politisch von Rußland unterstützten Strategie. Zweitens möchte Washington, daß seine Freunde von den Muslimbrüdern, die heute Tripolis im Westen des Landes beherrschen, ihre Macht behalten.

Franzosen und Briten, die zusammen mit den USA schuld an dem Chaos sind, reagieren allerdings anders. Weil sie den Vormarsch der libyschen Armee nicht aufhalten können, sprangen sie auf den Zug auf und stellten deren Chef, General Chalifa Haftar, Militärberater zur Verfügung.

Dennoch bleibt das kaum verhüllte Ziel des amerikanisch-französisch-britischen Spiels, Libyen in neokolonialer Manier in zwei oder drei Teile zu teilen.

Erfreulicherweise lehnt die italienische Regierung Washingtons Ersuchen bisher ab. Ministerpräsident Renzi sagte am 6.3. in einem Fernsehinterview: „Leute sagen, wir sollen 5000 Soldaten schicken. Soll das ein Videospiel sein? Wir sollten Ruhe bewahren.“

Militärexperten betonen, daß ein solches Expeditionsheer militärisch sinnlos wäre. Es würde sowohl mit den UN-Plänen für eine Regierung der nationalen Einheit als auch mit dem Feldzug der libyschen Armee kollidieren.

Der frühere italienische Luftwaffenchef, Gen. a.D. Leonardo Tricarico, warnte vor einer Intervention „ohne Ersuchen eines libyschen Verantwortlichen“, nur für eine Militärpräsenz an den Ölfeldern in Tripolitanien – der westlichen Region, wo der staatliche italienische Energiekonzern ENI tätig ist und von wo aus über die „Greenstream“-Pipeline Gas nach Italien gepumpt wird. Eine solche Intervention würde bedeuten, daß Italien sich mit der Koalition „Libysche Morgenröte“ verbündet, „während französische und britische Spezialeinheiten in der Cyrenaica zur Unterstützung der Regierung von Tobruk stationiert sind. Also eine Entscheidung für eine Aufteilung des Territoriums nach Einflußsphären, mit einem neokolonialen Beigeschmack.“

Die meisten Fraktionen in Libyen würden eine ausländische Militärintervention als feindlich betrachten, dagegen wäre eine ganz Libyen umfassende Lösung, wie Ägypten sie fördert, eine reale Möglichkeit, das Land zu einen und den Terrorismus zu beenden.

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