Erste Hungertote im Gazastreifen

Der jüngste Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnt zum ersten Mal nicht nur vor einer Hungersnot, sondern bestätigt, daß sie im nördlichen Gazastreifen bereits begonnen hat und etwa 300.000 Palästinenser davon betroffen sind. Nach einem Bericht des UN-Beobachtungsteams vom 18.3. sind über 70% der 2,3 Mio. Palästinenser im Gazastreifen von „katastrophalem Hunger“ betroffen. Notwendig sei „eine sofortige politische Entscheidung für einen Waffenstillstand, zusammen mit einer signifikanten und sofortigen Verbesserung des humanitären und kommerziellen Zugangs zur gesamten Bevölkerung des Gazastreifens“. Andernfalls könnten 450 Menschen pro Tag sterben, nicht durch Kugeln und Bomben, sondern einen langsameren, qualvollen Tod durch Unterernährung, Krankheit und Hunger.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, erklärte am 18.3.: „Das Ausmaß, in dem Israel immer noch die Anlieferung von Hilfsgütern nach Gaza einschränkt, kann zusammen mit der Art und Weise, wie es die Feindseligkeiten fortsetzt, auf den Einsatz von Hunger als Methode der Kriegsführung hinauslaufen, was ein Kriegsverbrechen ist.“ Sogar der oft gefühllose EU-Chefdiplomat Josep Borrell warf Israel vor, Hunger als Waffe einzusetzen, woraufhin Israels Außenminister Katz behauptete, Israel lasse „umfangreiche humanitäre Hilfe nach Gaza zu“.

Am selben Tag, an dem der FAO-Bericht erschien, antwortete die israelische Regierung auf den jüngsten Antrag Südafrikas beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, um Hunger und Völkermord in Gaza zu verhindern. Die Vorwürfe seien „faktisch und rechtlich völlig unbegründet, moralisch verwerflich“ und „ein Mißbrauch sowohl der Völkermordkonvention als auch des Gerichtshofs“.

Doch Südafrika gibt nicht nach, wie Außenministerin Naledi Pandor während einer Reise nach Washington deutlich machte: „Vorläufige Maßnahmen wurden von Israel ignoriert. Wir erleben jetzt eine Hungersnot vor unseren Augen… Ich denke, wir als Menschheit müssen uns hier selbst mit Schrecken betrachten…“

Unterdessen schwört Premierminister Netanjahu weiter, in Rafah einzumarschieren, obwohl das mit Sicherheit den massenhaften Tod von Zivilisten zur Folge hätte. Er bekräftigte am 20.3.: „Wir sind entschlossen, den absoluten Sieg zu erringen, und wir werden ihn erringen.“ Aber die Regierung Biden denkt offenbar angesichts der Proteste aus ihrer Wählerschaft, daß sie Israel nicht mehr so offen wie bisher unterstützen kann. So haben die USA am 25.3. gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats für einen einmonatigen Waffenstillstand kein Veto eingelegt. Die mit 14 Ja-Stimmen und der US-Enthaltung verabschiedete Resolution ist für beide Seiten verbindlich.

Sie fordert auch die sofortige, bedingungslose Freilassung von über 100 Geiseln aus Gaza, macht aber den Waffenstillstand nicht davon abhängig. Zudem werden die Parteien verpflichtet, den humanitären Zugang für lebenswichtige Nahrungsmittel und medizinische Versorgung zu gewährleisten.

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