Die NATO geht aufs Ganze, ist aber nicht unangefochten

Europa war in den letzten zehn Tagen Schauplatz zweier intensiver diplomatischer Aktivitäten, die allerdings sehr unterschiedliche Ziele verfolgten: die eine ging vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj aus, die andere von chinesischen Diplomaten.

Was die erste betrifft, so war jeder Schritt der Kurzreise von Wolodymyr Selenskyj vom 13.-15.5. darauf ausgerichtet, uns der Gefahr eines direkten Krieges zwischen Rußland und der NATO näher zu bringen.

Seine Rundreise begann mit einem Treffen mit Papst Franziskus am 13.5. im Vatikan, bei dem Selenskyj das Angebot des Papstes, Friedensverhandlungen zu führen, ebenso wie Pekings Plan für eine Verhandlungslösung des Konflikts rundweg zurückwies. In einem unnötig scharfen Ton bestand er darauf, daß es „der Frieden der Ukraine sein muß“ und daß die Verhandlungen erst beginnen würden, „wenn wir an der Grenze der Krim sind“.

Von dort aus reiste der ukrainische Präsident nach Berlin (s.u.), Paris und London, wo ihm Waffen in Hülle und Fülle versprochen wurden, obwohl nur die britische Regierung bisher die Grenze überschritten hat, Marschflugkörper mit einer Reichweite von 300 km zu liefern, um Angriffe auf russisches Gebiet zu ermöglichen. (Das Vereinigte Königreich hat von Anfang an auf einen totalen Krieg gegen Rußland gedrängt, dem ein Krieg gegen China folgen soll…)

Unmittelbar davor, vom 9.-13.5., besuchte der chinesische Außenminister Qin Gang Deutschland, Frankreich und Norwegen, um eine katastrophale wirtschaftliche Abkopplung zwischen der EU und China zu verhindern und für eine Ausweitung des Handels zu werben (s.u.). Am 15.5. schickte Peking seinen Sondergesandten für eurasische Angelegenheiten, Li Hui, nach Kiew, um den Friedensvorschlag von Xi Jinping zu erörtern, dem weitere Besuche in Polen, Frankreich, Deutschland und Rußland folgten. Eine Woche zuvor war Chinas Vizepräsident Han Zheng nach Portugal und in die Niederlande gereist, nachdem er zuvor der Krönung von König Charles in London beigewohnt hatte.

In Anerkennung der Bedeutung der wachsenden Rolle Chinas in der internationalen Diplomatie schickte Washington dann seinen nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan zu Gesprächen mit Pekings Staatsrat Wang Yi nach Wien (s.u.).

Dann gab Rußland noch während Selenskyjs Reise bekannt, daß die frisch von Großbritannien gelieferten Storm Shadow-Marschflugkörper bereits am 13.5. zum Angriff auf Lugansk eingesetzt wurden. Dadurch wird die Schwelle zu einer direkten militärischen Konfrontation, höchstwahrscheinlich mit Atomwaffen, zwischen Rußland und den NATO-Ländern weiter gesenkt.

Dies geschieht zu einer Zeit, in der Deutschland in alarmierendem Tempo deindustrialisiert wird, das Vereinigte Königreich mit einer 19%igen Inflation bei den Lebensmittelpreisen und einer Lebensmittelknappheit kämpft und die Bevölkerung in ganz Europa darauf konditioniert wird, sich auf weitere Opfer vorzubereiten. Unterdessen droht dem gesamten transatlantischen Finanzsystem, vor allem aber den Vereinigten Staaten, eine massive Welle von Bankzusammenbrüchen. Offensichtlich hofft der „militärisch-industrielle Komplex“, daß eine „Kriegswirtschaft“ das System irgendwie retten könnte – trotz der tragischen Lektionen, die uns die Geschichte erteilt.

Angesichts der Weigerung der überwiegenden Mehrheit der entwicklungswilligen Länder der Welt, die NATO zu unterstützen, erklärte Helga Zepp-LaRouche kürzlich, die sogenannte „regelbasierte Ordnung“ sei „kein Gewinn, und sie ist definitiv nichts, was die Zukunft positiv gestalten wird. In gewissem Sinne ist es das Gerede eines vergangenen, sterbenden Imperiums“ (was übrigens bei den grotesken Krönungsfeierlichkeiten von König Charles überdeutlich wurde…)

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