Chilcot-Bericht über den Irakkrieg: Tony Blair log und lügt weiter

Als der frühere britische Premierminister Tony Blair am 27.6. bei einer öffentlichen Veranstaltung in New York City auftrat, wurde er dort von einer Gruppe von Aktivisten der LaRouche-Bewegung begrüßt, die in einem eigens komponierten Kanon „Werft Blair ins Gefängnis“ sangen. In der Veranstaltung warfen zwei Aktivisten Blair vor, er sei ein „Lügner“ und „Massenmörder“ und seine Politik „Völkermord“. Auch wenn Blair und sein Publikum empört waren über diese unbequemen Wahrheiten, beweist der Chilcot-Bericht, daß die Aktivisten vollkommen recht hatten. Tatsächlich ist der am 6.7. vorgelegte Bericht unter der Leitung von Sir John Chilcot über die Untersuchung der britischen Rolle bei der Invasion und anschließenden Besetzung des Irak 2003 eine schockierende Anklage gegen Blairs Politik und Verhalten.

Die vernichtendste Schlußfolgerung, die Chilcot in einer zwölfseitigen Erklärung anläßlich der Vorlage des Berichtes darlegt, ist, daß dieser Krieg völlig unnötig war – was den Krieg faktisch zu einem Angriffskrieg macht. Seiner Aussage zufolge habe es im März 2003 keine unmittelbare Bedrohung durch Saddam Hussein gegeben. Die Strategie der Eindämmung hätte angepaßt und noch einige Zeit fortgesetzt werden können, und die Mehrheit des UN-Sicherheitsrates sei für eine Fortsetzung der Inspektionen und Überwachung durch die UN gewesen. Mit anderen Worten: Die Kommission kam zu dem Schluß, daß Blair bezüglich der Bedrohung durch Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen im Irak gelogen hat – und diese Lügen wurden dazu benutzt, einen illegalen Krieg in Gang zu setzen.

Nur wenige Wochen nach den Terroranschlägen des 11.9. machte Blair dem US-Präsidenten George W. Bush bereits Vorschläge für Strategien für einen „Regimewechsel“ in Bagdad, stellt der Bericht fest. Auch der Versuch, die Unterstützung des UN-Sicherheitsrates für den Krieg zu gewinnen, war ein Projekt Blairs, während er Bush vertraulich versicherte, daß die britischen Truppen – mit oder ohne Resolution – die amerikanisch geführte Invasion unterstützen würden.

Chilcot widerlegte auch Aussagen Blairs, daß man die Schwierigkeiten, mit denen man im Irak konfrontiert war, nicht im Voraus hätte wissen können. „Wir stimmen nicht zu, daß dazu ein Rückblick erforderlich ist. Auf die Risiken innerer Kämpfe im Irak, das Wahrnehmen seiner Interessen durch den Iran, regionale Instabilität und Al-Kaida-Aktivitäten im Irak wurde schon vor der Invasion ausdrücklich hingewiesen“, sagte er.

Trotzdem behauptet Blair – ganz nach seiner Gewohnheit, die Wahrheit zu verdrehen –, nach der Veröffentlichung des Berichts, dieser „sollte die Behauptungen über Arglist, Lügen und Täuschung begraben“, er habe stets „redlich“ gehandelt. Er weigerte sich erneut, sich für den Krieg zu entschuldigen, und verteidigte die Entscheidung, Saddam Hussein abzusetzen.

Der Kolumnist George Monbiot erinnert seine Leser in einem Kommentar im Londoner Guardian, daß die Feststellung der Chilcot-Kommission, der Krieg sei nicht die letzte Möglichkeit gewesen, den Formulierungen der UN-Charta folgt, die „die Bedingungen festlegt, die für einen rechtmäßigen Krieg erfüllt sein müssen“. Damit habe Chilcot die Invasion des Irak faktisch „als einen Angriffskrieg definiert, was vom Nürnberger Tribunal als ,das größte aller internationalen Verbrechen’ beschrieben wurde, ,das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, daß es die gesamten Übel aller anderen in sich vereinigt’.“

Tatsächlich setzten die Invasion und Besetzung des Irak weitere Kriege und Terrorismus auch weit jenseits der Grenzen des Irak in Gang, die bis heute Tausende von Menschen töten und verwunden und Millionen Menschen in die Flucht treiben.

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