Chicagoer Ökonom: Glass-Steagall statt Volcker-Regel

Unter den sog. „100 einflußreichsten Denkern der Welt“ sind nur zwei Italiener, einer davon ist der Ökonom Luigi Zingales von der Universität Chicago, der andere ist Mario Draghi. Beide sind Anhänger des freien Marktes, aber während der EZB-Chef sich an die falsche Politik klammert, wirbt Zingales jetzt für eine vernünftigere.

In einer Konferenz der Federal Reserve von Minneapolis argumentierte Zingales am 16.5. nachdrücklich dafür, die Volcker-Regel – ein nominelles Verbot des Eigenhandels von Geschäftsbanken – aufzugeben und statt dessen die Glass-Steagall-Bankentrennung wieder einzuführen. Sein Vortrag in der zweiten Konferenzsitzung löste in dem Publikum aus Fed-Beamten, IWF-Leuten und Ökonomen eine große Kontroverse und Widerspruch aus.

Der renommierte konservative Ökonom erklärte ganz offen, die Volcker-Regel im Dodd-Frank-Gesetz (Obamas Bankenreform) sei nicht umsetzbar, und diejenigen, die sich 2010 für sie einsetzten, hätten das auch gewußt. Sie hätten auch gewußt, daß „die Öffentlichkeit Glass-Steagall wollte“.

Das war nur einer der fünf Gründe, die Zingales für ein neues Glass-Steagall anführte, allerdings der wirkungsvollste. Er sagte, andere Pläne für finanzielle Stabilität, die angeblich „besser als Glass-Steagall“ sein sollen, seien zu komplex für eine praktische Umsetzung, böten nicht ausreichend Schutz, hätten sich nicht in der Vergangenheit bewährt und hätten daher keine öffentliche Unterstützung, und sie könnten von Finanzinteressen ausgenutzt werden, um das System zu unterminieren.

Dies bestätigte in der Diskussion ein Experte, der selbst an der ursprünglichen Formulierung der Volcker-Regel beteiligt gewesen war. Diese war nur drei Seiten lang, aber im Dodd-Frank-Gesetz wurden daraus 30 Seiten und inklusive der Regeln für die Umsetzung 300 Seiten.

Zingales betonte, Glass-Steagall habe den politischen Einfluß der Banken verringert, indem ihre Interessen und ihre Macht aufgesplittert wurden. Nach der Abschaffung hätten alle Finanzunternehmen dieselben Interessen vertreten und wurden viel einflußreicher. Das zeige das US-Konkursgesetz aus dem Jahr 2005, das Derivaten und Kreditkartenschulden Vorrang vor anderen Forderungen gibt.

Glass-Steagall habe nachweislich die Entwicklung der Börsen in den USA gefördert, während dessen Abschaffung sofort ein Übergewicht von Wertpapieren, Derivaten und Repo-Märkten schuf, die überwiegend „außerbörsliche“ Eigenschaften hatten, wie starke Fremdfinanzierung, wenige Marktteilnehmer und weniger Wettbewerb, mehr Intransparenz und höhere Gewinne für Finanzunternehmen.

Am Ende zitierte Zingales die „Alkohol-Regel“. Seine Mutter habe zur Desinfektion immer nur Alkohol verwendet, weil sie an der Reaktion der Kinder merkte, daß es wirkte. „Wenn die Aufsicht über die Banken verschärft wird, dann müssen sie schreien. Sonst wirkt es nicht.“

Es sei angemerkt, daß der Chef der Federal Reserve von Minneapolis, Neil Kashkari, ein starker Befürworter von Glass-Steagall ist und eine Konferenzserie zum Thema „Schluß mit Banken, die zu groß zum Scheitern sind“ veranstaltet.

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