Brasiliens Präsident Temer: Ich gehöre der Wall Street

Der brasilianische Präsident Michel Temer machte am 21.9. bei einem Essen des „Council of the Americas“ in New York ein erstaunliches öffentliches Geständnis. Er sagte, das Absetzungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff, durch das er vor einem Monat Präsident wurde, sei begonnen worden, weil sie sich weigerte, das Austeritäts- und Privatisierungsprogramm der Banken durchzusetzen.

Temer sagte, vor etwa zehn Monaten, „als ich noch Vizepräsident war, veröffentlichten wir ein Dokument mit dem Titel ,Eine Brücke in die Zukunft’… Wir schlugen vor, daß die Regierung die in diesem Dokument vorgestellten Thesen übernimmt… Aber als das nicht funktionierte und der Plan nicht angenommen wurde, wurde ein Prozeß eingeleitet, der darin gipfelte, daß ich als Präsident der Republik eingesetzt wurde.“

Man erinnere sich, daß Rousseff offiziell wegen angeblicher Manipulation des Staatshaushalts abgesetzt wurde – nicht, weil sie eine Wirtschaftspolitik betrieb, für die sie gewählt wurde. Der ganze Prozeß war ein politischer Putsch, wie wir berichteten.

Temer erläuterte den Wall-Street-Investoren seine Pläne: Er will einen Verfassungszusatz zur Begrenzung der Staatsausgaben durchsetzen, Renten, Bildungs- und Gesundheitsausgaben drastisch kürzen, Arbeitsrechte beschneiden und den öffentlichen Sektor weithin für private Investoren öffnen – Häfen, Eisenbahnen, Flughäfen, Autobahnen, Öl- und Gasfeldern und Stromversorgung.

Parallel zur Wiederannäherung an die internationale Finanzwelt und die transatlantischen Mächte baut Brasilien seine Mitwirkung in der BRICS-Gruppe ab. Brasilien ist derzeit nicht bereit, ganz aus der Gruppe auszusteigen, weil China bei den Auslandsinvestitionen und im Außenhandel des Landes eine zu wichtige Rolle einnimmt. Die Beteiligung wird aber deutlich herabgestuft. Die feindselige Einstellung der Regierung wurde offensichtlich in einem Interview von Außenminister José Serra am 15.9. in O Antagonista, das Serra schnell im ganzen Land der Lächerlichkeit preisgab, weil er nicht einmal die Frage richtig beantworten konnte, aus welchen Ländern BRICS besteht.

Die Regierung versucht, den wachsenden Widerstand gegen Temers Programm durch Einschüchterung zu brechen. So berichtete Folha de Sao Paulo, daß die Regierung sich mit Anführern der „Bewegung freies Brasilien“ (MBL) traf, um Demonstrationen zur Unterstützung des Austeritätsprogramms der Banker zu organisieren. Die MBL wurde aus dem Ausland von der faschistischen Mont-Pelerin-Gesellschaft ausgebildet und finanziert, um die „Farbenrevolution“ der Mittelschicht zum Sturz Rousseffs zu organisieren.

Unterdessen wurde der frühere entwicklungsfreundliche Finanzminister der Regierungen Lula und Rousseff, Guido Mantega, am 21.9. zum Verhör wegen Korruptionsvorwürfen abgeholt und dazu sogar vom Krankenbett seiner Frau weggerissen, die auf eine Krebsoperation wartete.

Print Friendly, PDF & Email