Amerikanisch-russische Beziehungen auf dem Tiefpunkt

Letzte Woche besuchte US-Verteidigungsminister Ashton Carter das Kernwaffendepot in Minot (Nord-Dakota), um für seinen 1 Bio.$ teuren Plan zur umfassenden Modernisierung der US-Kernwaffen zu werben. Bei dieser Gelegenheit drohte er Rußland direkt und warf Moskau vor, im Falle eines konventionellen militärischen Konflikts mit europäischen NATO-Staaten einen nuklearen Erstschlag zu erwägen. Dabei hatte Carter selbst zwei Tage vorher bestätigt, daß die USA sich das Recht auf einen nuklearen Erstschlag vorbehalten.

Das russische Verteidigungsministerium reagierte umgehend und warf Carter vor, er sei Teil eines wachsenden Chores „russophober“ US-Regierungsvertreter, die zu eigenen politischen Zwecken Rußland verteufeln und damit die Gefahr eines Krieges zwischen beiden Staaten erhöhen.

Etwa zur selben Zeit drohte der Sprecher des US-Außenministeriums, Admiral John Kirby, wenn Moskau den Angriff auf Aleppo nicht aufgebe, würden russische Soldaten in Leichensäcken aus Syrien zurückkommen und Dschihad-Terroristen Angriffe auf russischem Boden unternehmen. Auch darauf antwortete Moskau scharf und deutete an, daß die USA bewußt islamistische Kämpfer zu Terroranschlägen in Rußland anstacheln könnten.

Zuvor war das von den Außenministern John Kerry und Sergej Lawrow mühselig ausgehandelte Abkommen über eine Waffenruhe in Syrien und gemeinsame Militäroperationen gegen ISIS und Al-Kaida/Al-Nusra zusammengebrochen. Schon als sie Mitte September in Genf die letzten Einzelheiten ausarbeiteten, war die Opposition in Washington fast einhellig. Präsident Obama äußerte lauwarm Unterstützung, aber Carter war vehement dagegen, und das Abkommen war mehr oder weniger eine Totgeburt. Die von den USA angeführte Koalition bombardierte einen Stützpunkt der syrischen Armee, und kurz darauf gab Washington Rußland ohne irgendeinen Beweis die Schuld an der Bombardierung eines UN-Hilfskonvois.

Wie wir berichteten, gelangte daraufhin der russische Präsident Putin offensichtlich zu dem Schluß, daß keine Aussicht auf eine Verhandlungslösung mit Obama für Syrien bestand, und nun konzentriert sich das russische Vorgehen auf die Eroberung der seit mehreren Jahren von Rebellen (hauptsächlich Al-Nusra) beherrschten Stadtteile im Osten Aleppos. Nach einer längeren Schlacht, in der die Rebellen das Äquivalent von zwei Panzerdivisionen einsetzten, konnten die syrisch-russisch-iranischen Kräfte das Gebiet einkesseln, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die letzten Rebellenkräfte aufgerieben sind oder das Angebot zum Abzug annehmen. Bald wird ganz Aleppo unter die Kontrolle der Regierung Assad gelangen, womit sie über 85-90% der syrischen Bevölkerung herrschen wird.

Einige in Washington glauben, sie könnten Rußland in Syrien in ein „zweites Afghanistan“ locken. So fordern einige Stimmen, daß die USA sich uneingeschränkt mit Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten verbünden, um die Rebellen – obwohl die große Mehrheit davon Dschihadisten sind – mit schweren Waffen zu versorgen, wie schultergestützte Boden-Luft-Raketen (Manpads) und anderen Luftabwehrwaffen –, um einen großen Guerillakrieg gegen Assad und dessen russische und iranische Unterstützer heraufzubeschwören.

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