Zweistellige Inflation: Bank von England prognostiziert sie, EZB weigert sich

Nachdem die Verbraucherpreisinflation (VPI) in der Eurozone den besorgniserregenden Wert von fast 9% erreicht hat, sollte man einen Blick auf die Erzeugerpreisinflation (EPI) werfen, um zu sehen, was die kommenden Monate bringen werden. Wenn Hersteller mit höheren Produktionskosten kämpfen, dauert es einige Zeit, bis sie diese an die Verbraucher weitergeben. Anfänglich sparen sie, wo immer möglich, um keine Kunden zu verlieren. Doch schließlich fließen die Kosten in vollem Umfang in die Verbraucherpreise ein, und Hersteller, die den Preis nicht weitergeben können, müssen schließen.

Anhand der monatlichen Inflationszahlen der letzten 12 Monate könnte man den VPI für Dezember 2022 hochrechnen, solange es sich nur um lineare Projektionen handelt. Ausgehend von VPI und EPI für die Eurozone von 4,9% bzw. 21,9% im Dezember 2021 sowie 8,6% bzw. 35,8% im Juli 2022 könnte die VPI-Inflation im Dezember 2022 durchaus auf über 14% ansteigen. Nicht berücksichtigt sind dabei nichtlineare Dynamiken, wie z.B. ein weiterer starker Anstieg der Energiepreise als Folge der selbstmörderischen EU-Energiepolitik, eine neue Runde von Liquiditätspumpen (QE) im September oder ein Systemzusammenbruch.

Die Bank of England prognostiziert ähnliche Zahlen für die Inflation und ist damit ehrlicher als einige andere Zentralbanken. Am 4.8. prognostizierte sie eine offizielle jährliche Inflationsrate von 13,3% in Großbritannien innerhalb von zwei Monaten, eine Fortsetzung bis 2023 etwa auf diesem Niveau sowie eine schwere Rezession von Oktober 2022 bis mindestens Ende 2023. Vielleicht um bei letzterem nachzuhelfen, hob die Bank ihren Diskontsatz zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten um 0,5% auf 1,75% an. Der geldpolitische Ausschuß der Bank macht natürlich Rußland verantwortlich und erklärt: „Es besteht die Gefahr, daß eine längere Periode extern verursachter Preisinflation zu einem dauerhafteren inländischen Preis- und Lohndruck führen wird.“

Die offizielle britische Inflationsrate betrug im Juni 9,4%, nicht viel mehr als der europäische Durchschnitt von 8,9%. Die Europäische Zentralbank (EZB) hätte die gleiche Prognose treffen können – wenn sie es gewagt hätte. Damit beschäftigt sich ein Beitrag der Schweizer Website In$ide Paradeplatz (5.8.). Dort heißt es über die EZB: „Sie sind komplett machtlos. Um das Inflationsmonster in den Käfig zurückzubekommen, müßte die EZB ihre Zinssätze mittelfristig über die Inflation heben. 1 bis sogar 2% darüber. Ein Zinssatz der EZB von 10% – das wäre das Ende des Finanzsystems. Immobilien, Aktien, Bonds: Alles würde implodieren. Und kaum ein Eurozonen-Staat, der nicht vom Schuldendienst erdrückt und pleitegehen würde. Daher kamen die Zinserhöhungen erst nicht, und nun in homöopathischen Dosen. Und die EZB hofft – wie auch viele andere Zentralbanken – auf ein Wunder.“

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