Wiederaufbau des Donbaß – ein Pilotprojekt für Rußland
Wie der Ökonom Sergej Glasjew und andere russische Vertreter betonen, richten die westlichen Sanktionen nur begrenzten unmittelbaren Schaden für die russische Volkswirtschaft an, haben aber einen unbeabsichtigten Bumerangeffekt. Sie zwingen zum beschleunigten Übergang von einer Wirtschaft auf der Grundlage von Rohstoff-Exporteinnahmen zu einer Wirtschaft, die sich vorrangig auf Industrialisierung und Infrastrukturausbau stützt. Die Abkopplung von Dollar und Euro, die Notwendigkeit der Importsubstitution und die Konzentration auf die Finanzierung von Wirtschaftsprojekten (im Gegensatz zu den früheren geldpolitischen Operationen der Zentralbank) haben zu dem notwendigen Umdenken beigetragen.
In mancher Hinsicht ähnelt der neue Ansatz der rasanten industriellen Entwicklung Chinas in den letzten Jahrzehnten. Der Bau der Brücke von der russischen Region Taman am Ostufer der Meerenge von Kertsch zur Krim im Westen kann als Auftakt für den Umschwung gesehen werden, da sie innerhalb von nur zwei Jahren für den Straßenverkehr und in drei Jahren für den Schienenverkehr fertiggestellt wurde.
Der Donbaß wird als integraler Bestandteil des Projekts zur Industrialisierung des gesamten Südwestens Rußlands betrachtet. So wurden in Mariupol innerhalb von weniger als drei Wochen nach der Übernahme der Hafen und die umliegenden Küsten von Seeminen befreit, so daß Transporte über das Asowsche Meer und das Schwarze Meer möglich wurden. Die ersten Schiffe legten Mitte Juni zum Beladen im Hafen an.
Weitere Projekte sollen aus einem neuen Sonderfonds über 2 Bio. Rubel (etwa 35 Mrd.$) finanziert werden, der als Sonderverwaltung Vorrang vor der bisherigen Finanzbürokratie hat, die diese Projekte verzögert oder sogar auf Eis gelegt hatte. Im Rahmen von Partnerschaften zwischen den 20 reichsten russischen Regionen und den jetzt russisch kontrollierten Regionen der Südostukraine werden Projekte aus dem Sonderfonds erstattet und sind vom System der steuerlichen Überwachung ausgenommen. Dies soll bürokratische Hindernisse vermeiden, die früher Infrastruktur- und Industrieprojekten in Rußland im Wege standen.
Wenn die westlichen Staaten die derzeitige Politik des Eisernen Vorhangs aufgeben, könnte der Hafen von Mariupol zu einem neuen Knotenpunkt für die Südstrecken der Neuen Seidenstraße zwischen Asien und Europa werden und zum Nord-Süd-Korridor von St. Petersburg zum iranischen Bandar Abbas beitragen.