Wie kann der Völkermord in Gaza gestoppt werden?

Am 6.11. gaben die palästinensischen Gesundheitsbehörden bekannt, daß die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen 10.000 überschritten hat, was UN-Generalsekretär Guterres zu der Aussage veranlaßte, der Gazastreifen werde zu einem „Kinderfriedhof“. Nur einen Tag zuvor hatten die israelischen Streitkräfte zum dritten Mal alle Kommunikationsverbindungen in Gaza unterbrochen, Gaza-Stadt vollständig umzingelt und den Gazastreifen in zwei Teile geteilt. Sollten sie in Gaza-Stadt einmarschieren, wird das Ausmaß des Gemetzels dramatisch zunehmen.

Schon jetzt gibt es in Gaza etwa 1,4 Mio. obdachlose, hungrige und verängstigte „Binnenvertriebene“, bei einer Gesamtbevölkerung von 2,3 Mio. Israel bombardiert auch Flüchtlingslager, Krankenhäuser und Schulen.

US-Außenminister Antony Blinken hat zwar mehrere Länder der Region besucht, lehnte aber wiederholt einen Waffenstillstand ab und rief lediglich dazu auf, mehr Hilfslieferungen zuzulassen, während er die Hisbollah und den Iran eindringlich davor warnte, sich einzumischen. Sollten sie dies dennoch tun, wird der Konflikt außer Kontrolle geraten. Netanjahu seinerseits weigert sich, einen Waffenstillstand in Betracht zu ziehen, obwohl er damit das Leben der Geiseln gefährdet und das Land international zunehmend isoliert.

Die Massenproteste im Westen und auch in Israel nehmen angesichts des drohenden Völkermords zu. In London strömten am 4.11. Zehntausende auf den Trafalgar Square, nachdem an den beiden Samstagen zuvor jeweils bis zu 100.000 Menschen demonstriert hatten. In Paris marschierten rund 20.000, nachdem die Polizei den Protest schließlich genehmigt hatte. In Berlin gingen bis zu 6000 unter strengen Auflagen auf die Straße, auch in Mailand und Rom demonstrierten Tausende. Das ist nützlich, reicht aber nicht aus. Viele weitere Aktionen und direkte Interventionen bei politischen Vertretern sind geplant.

Beamte von UN-Hilfsorganisationen, die schon viele Gräueltaten gesehen haben, sind schockiert über das Geschehen. Am 5.11. veröffentlichten die Leiter von 11 UN-Organisationen und 6 humanitären Organisationen einen gemeinsamen Appell für einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe. „Seit fast einem Monat beobachtet die Welt die Entwicklung der Situation in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten und ist schockiert und entsetzt über die steigende Zahl von Menschen, die ihr Leben verlieren und auseinandergerissen werden“, heißt es in dem Aufruf.

Sie bedauern, daß in Israel 1400 Menschen getötet, Tausende verletzt und 200 Geiseln genommen wurden. Aber: „Die grausame Tötung von noch mehr Zivilisten im Gazastreifen ist ein Skandal, ebenso wie das Abschneiden von 2,2 Millionen Palästinensern von Nahrungsmitteln, Wasser, Medizin, Strom und Treibstoff… Eine ganze Bevölkerung wird belagert und angegriffen, ihr wird der Zugang zum Überlebensnotwendigen verwehrt, ihre Häuser, Unterkünfte, Krankenhäuser und Gotteshäuser werden bombardiert. Das ist inakzeptabel.“

Zu den Unterzeichnern gehören Martin Griffiths, Nothilfekoordinator und Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten (OCHA), Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte, und Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat im November hat China inne, das einen sofortigen Waffenstillstand und die Einberufung einer internationalen Friedenskonferenz gefordert hat. Das Schiller-Institut schlägt vor, konkrete wirtschaftliche Initiativen auf die Tagesordnung zu setzen, die als Grundlage für Frieden und eine nutzbringende Zusammenarbeit zwischen Israel und Palästina dienen können. Dies erfordert jedoch ein Umdenken wie seinerzeit bei Jitzhak Rabin und Jassir Arafat (s.u.).

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