Wie „gefährlich“ kann ein chinesischer Wetterballon sein?

Etliche republikanische Kongreßabgeordnete lobten am Montag in Fernsehnachrichten und Podcasts das US-Militär, es habe durch den Abschuß eines chinesischen „Spionagesatelliten“ Amerika gerettet. Sie warfen Präsident Biden vor, nicht früher gehandelt zu haben, um die Amerikaner vor dem „feindlichen ausländischen Eindringling“ zu schützen. Dieses „Spionageschiff“ ist nach Aussage der Chinesen ein „Luftschiff für zivile Zwecke“, d.h. ein Wetterballon, den starke Winde versehentlich über US-Hoheitsgebiet trugen; er wurde am 1.2. gemeldet und drei Tage später abgeschossen.

Berichten zufolge wollen die Republikaner in einer Resolution den Präsidenten dafür verurteilen, daß er die Zerstörung des Ballons nicht früher anordnete. Der Fraktionsvorsitzende im Senat, Mitch McConnell, erklärte, Biden habe zugelassen, daß China „den amerikanischen Luftraum zum Gespött macht“, und der führende Republikaner im Senats-Geheimdienstausschuß, Marco Rubio, sprach von einer „Botschaft Pekings an die Welt“, daß sie die USA nicht mehr als „Megamacht“ betrachten, sondern als „eine einst große Supermacht, die ausgehöhlt und im Niedergang begriffen ist“.

In Wirklichkeit gibt es keinerlei Beweis dafür, daß es sich um einen „Spionageballon“ handelte (die US-Geheimdienste sollen dies nun anhand der Trümmer im Atlantik beweisen). Es wäre sicher nicht das erste Mal, daß ein ziviler Wetterballon durch starke Winde vom Weg abkommt. Die ganze Hysterie muß im Kontext massiver Kriegsvorbereitungen gegen China gesehen werden.

In diesen Zusammenhang gehört das Memorandum des Air Force-Generals Minihan, in dem er die ihm unterstellten Luftwaffenoffiziere anweist, sich auf einen Krieg mit China vorzubereiten, der „nach seinem Bauchgefühl bis 2025“ stattfinden werde. Zudem erschien letzten Monat ein Bericht der RAND Corporation zur US-Politik im Rußland-Ukraine-Konflikt, der in dieselbe Richtung weist. Die Autoren sind skeptisch, daß die NATO in der Ukraine Erfolg haben wird, und warnen, daß eine fortgesetzte Eskalation das Risiko eines Atomkriegs birgt. Sie kommen aber auch zu dem Schluß, daß ein langwieriger Kampf um die Ukraine von den notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung Chinas ablenken würde. Dies bestätigt die Aussagen vieler Analysten, daß die USA auf einen Zweifrontenkrieg – gegen Rußland in der Ukraine und gegen China im indopazifischen Raum – derzeit nicht vorbereitet sind. RAND gibt in solchen Berichten oft eine Vorschau auf die zukünftige US-Militärpolitik.

Der Vorfall lieferte einen Vorwand, die Reise von Außenminister Blinken nach Beijing aufzuschieben, wo er hochrangige chinesische Vertreter treffen sollte, damit die Gespräche zwischen beiden Ländern wieder in Gang kommen. Republikanische Neocons greifen zwar Joe Biden an, aber der Vorfall wird auch für die überparteiliche Aufrüstung- und Kriegspolitik ausgenutzt, die Rußland und China als Gegner definiert, die man durch eine „globale NATO“ in Schach halten müsse.

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