Westasien: Das Ende der amerikanischen Hegemonie

Der diplomatische Durchbruch, den China bei der Vermittlung eines Abkommens zwischen dem Iran und Saudi-Arabien im vergangenen Monat erzielte, hat in den vergangenen Wochen in ganz Westasien weitere Früchte getragen (vgl. SAS 11,13/23). Am 6.4. trafen sich der saudische und der iranische Außenminister in Peking und unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung zu den Maßnahmen der beiden „brüderlichen Nationen“ seit ihrer Versöhnung, darunter die Wiedereröffnung der diplomatischen Vertretungen und Wiederaufnahme der Zusammenarbeit in den Bereichen Handel und Sicherheit.

Fortschritte gibt es auch bei der Beendigung des Bürgerkriegs, der das kleine Land Jemen, das ärmste der Region, seit fast einem Jahrzehnt verheert. Am 9.4. fanden Gespräche zwischen Vertretern Saudi-Arabiens, das den Krieg begonnen und finanziert hat, und der jemenitischen Regierung statt.

Auch für Syrien eröffnet sich die Aussicht auf Stabilität und Wiederaufbau. Außenminister Faisal Mekdad reiste am 12.4. zu einem Treffen mit seinem Amtskollegen nach Saudi-Arabien, dem ersten solchen Besuch seit zwölf langen Jahren. Die beiden vereinbarten, die Lage auf dem gesamten syrischen Territorium zu stabilisieren, im ganzen Land Hilfslieferungen zu ermöglichen und – ganz wichtig – „die Institutionen des syrischen Staates zu unterstützen, um die Präsenz bewaffneter Milizen und die äußere Einmischung in die inneren Angelegenheiten Syriens“ zu beenden.

Nur zwei Tage später trafen sich die Außenminister der Golfstaaten, Ägyptens, Jordaniens und Iraks in Dschidda, wo sie dieselben Themen sowie Syriens Wiederaufnahme in die Arabische Liga erörterten.

Was bedeutet dies alles für die amerikanische Diplomatie in der Region? Mit dieser Frage befaßte sich auf der Konferenz des Schiller-Instituts (s.o.) Chas Freeman, der ehemalige US-Botschafter in Saudi-Arabien und ehemalige Chargé d’affaires und stellv. Missionsleiter in China. Er sagte, Washington habe kein Interesse daran, eine Versöhnung zwischen seinem Verbündeten Saudi-Arabien und seinem erklärten Feind Iran herbeizuführen, da es „in den internationalen Beziehungen ausschließlich auf Zwangsmaßnahmen“ setze.

Peking habe „den Nahen Osten lange Zeit als amerikanische Einflußsphäre betrachtet, in der es keine aktive politische Rolle spielen konnte“. Aber die Politik der USA, Chinas wirtschaftliche und technische Entwicklung zu sabotieren und den Konflikt mit Taiwan zu schüren, habe Pekings Zögern beseitigt. „China hat bewiesen, daß es der gewaltigen Herausforderung, einen ernsthaften Friedensprozeß im Nahen Osten zu fördern, gewachsen ist. Der Kontrast zum jahrzehntelangen amerikanischen Versagen im israelisch-palästinensischen Konflikt ist frappierend.“

Jetzt habe sich China verpflichtet, die Umsetzung der Prinzipien, auf die es sich mit Riad und Teheran geeinigt hat, zu unterstützen. „All dies markiert tatsächlich das Ende der amerikanischen Hegemonie im Nahen Osten und den Aufstieg des chinesischen Einflusses als glaubwürdiger und konstruktiver Faktor in der Region.“ Freeman schloß, es sei im Interesse der USA, Europas und anderer äußerer Mächte, China bei der Schaffung eines nachhaltigen Friedens am Persischen Golf zu unterstützen.

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