Welternährungskrise: die „vergessenen Kinder“ des Jemen

Für die weltweite Nahrungsmittelversorgung, die schon im letzten Jahr aufgrund verschiedener „Green-Deal“-Programme kritisch war, bringt der Krieg in der Ukraine einen schweren Schlag. Die Getreidepreise sind in den letzten Wochen explodiert, da sowohl Rußland als auch die Ukraine die Ausfuhr von Weizen und Düngemitteln teilweise ausgesetzt haben (vgl. SAS 10,11/22). UN-Generalsekretär Antonio Guterres erklärte am 13.3. vor Reportern, daß 45 afrikanische und am wenigsten entwickelte Länder mindestens ein Drittel ihres Weizens aus der Ukraine und Rußland importieren, 18 davon sogar über 50%. Zu diesen Ländern gehören Ägypten, Kongo, Burkina Faso, Libanon, Libyen, Somalia, Sudan und Jemen.

Nach Angaben des Exekutivdirektors des Welternährungsprogramms (WFP), David Beasley, stammte bisher die Hälfte des Getreides, das das WFP als Ernährungshilfe für 125 Mio. Menschen weltweit gekauft hat, aus der Ukraine. Die düstere Prognose wurde auch vom FAO-Chefökonomen Maximo Torero in einem Interview mit CGTN am 17.3. unterstrichen. Er erklärte, neben dem Lieferstopp für Getreide und Speiseöl aus Rußland, der Ukraine und Weißrußland sei die Frühjahrssaat in der Ukraine, möglicherweise auch in Rußland eingeschränkt, gleichzeitig würden die steigenden Energiekosten (die nicht auf den Konflikt zurückzuführen sind) und die Verknappung von Düngemitteln die Ernteerträge anderswo reduzieren.

Wie wir immer wieder berichten, ist die Situation im Jemen besonders bedrohlich. Etwa 30% des Weizens, der im Land verbraucht wird, kam bisher aus der Ukraine. In einer Pressemitteilung vom 14.3. warnen WFP, FAO, UNICEF und andere UN-Organisationen: „Heute befinden sich mehr als 17,4 Mio. Jemeniten mindestens in der Phase 3 der ,ernsten‘ akuten Unterernährung; es wird erwartet, daß weitere 1,6 Mio. in den kommenden Monaten in die Hunger-Notsituation fallen werden, womit die Gesamtzahl der Menschen mit Nothilfebedarf bis Ende des Jahres auf 7,3 Mio. ansteigt.“ Das entspricht etwa einem Viertel der jemenitischen Bevölkerung von 29 Mio.

Einem Artikel in Common Dreams vom 14.3. zufolge sind etwa 2,2 Mio. Kinder im Jemen akut unterernährt, 538.000 von ihnen sogar schwer. Und 1,3 Mio. schwangere und stillende Frauen leiden ebenfalls an akuter Unterernährung.

Für Beasley „bestätigen diese erschütternden Zahlen, daß der Countdown für eine Katastrophe im Jemen läuft und wir kaum noch Zeit haben, sie abzuwenden. Wenn wir nicht sofort umfangreiche neue Mittel erhalten, wird es zu Massenhunger und Hungersnot kommen. Aber wenn wir jetzt handeln, haben wir noch eine Chance, die drohende Katastrophe abzuwenden und Millionen zu retten“. Er fürchte, daß „die Welt“ die unterernährten Kinder im Jemen „vergessen hat“.

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