Warum die Achse Washington-London nicht gewinnen kann

Trotz allem Gerede über „Menschenrechte“ und „moralische Überlegenheit“ betreiben die transatlantischen Mächte an allen Fronten eine Politik von Krieg und Konfrontation. In dem von den USA angezettelten „Chip-Krieg“ hat China den Kauf von Computerchips des US-Herstellers Micron untersagt. Die Biden-Administration verurteilte das als „untragbar“ und „wirtschaftliche Erpressung“, obwohl sie die gleiche Praxis ihrerseits akzeptabel findet. In Europa wirbt die EU-Kommission für „Risikominimierung“ im Handel mit China – ein anderes Wort für „Entkopplung“, das nur weniger bedrohlich für die europäischen Volkswirtschaften klingen soll.

Was Rußland betrifft, gibt es bei den Warnungen und Provokationen auf militärischer Ebene eine gefährliche Eskalation, und der Westen lehnt Verhandlungsangebote ab (s.u.). Präsident Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan gab der Ukraine praktisch grünes Licht für Angriffe auf russisches Territorium, einschließlich der Krim, was einen offiziellen Protest des russischen Außenministeriums an die US-Diplomaten in Moskau auslöste. Am gleichen Tag, dem 26.5., sprach das Ministerium vom möglichen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Großbritannien wegen der Berichte über eine direkte Beteiligung des britischen Militärs an grenzüberschreitenden Angriffen gegen Rußland.

Moskau setzt außerdem die Stationierung taktischer Atomwaffen in Weißrußland fort, während die NATO nukleare Einsätze in Osteuropa übt. Unterdessen wird die seit Monaten lautstark angekündigte große Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte immer wieder verschoben.

Die Politik Washingtons und Londons, die von den europäischen Regierungen pflichtschuldig unterstützt wird, stößt jedoch auf große Hindernisse. Dazu gehört nicht zuletzt der Zusammenbruch des transatlantischen Finanzsystems, das völlig bankrott ist, wie die Bankenkrise beweist. Und wegen der realen Gefahr eines Atomkriegs fordern immer mehr Kreise in Amerika und Europa einen echten Kurswechsel. Die große Mehrheit des Globalen Südens, der etwa 85% der Weltbevölkerung ausmacht, weigert sich, Kriege und Plünderung mitzumachen.

Mit diesem Problem befaßte sich ein Leitartikel der Financial Times vom 23.5., „Die Bilanz des G7-Gipfels von Hiroshima ziehen“. Die Redakteure sind insgesamt zufrieden mit dem Plan des Westens für eine Machtprobe mit Rußland und China, beklagen aber, daß die Welt außerhalb des Westens damit überhaupt nicht einverstanden ist:

„Eine große Herausforderung für die G7 bleibt jedoch, die Unterstützung des sogenannten ,globalen Südens‘ zu gewinnen. Die wirtschaftlichen Beziehungen dieser Länder zu Rußland und China sind ein Hindernis… Da China auch Häfen baut und in Lateinamerika, Afrika und Südostasien Milliarden an Entwicklungshilfe und Investitionen bereitstellt, wird ein intensiverer Dialog nur bis zu einem gewissen Grad möglich sein… Die G7 wird ihre Versprechen, die Entwicklungsländer mit Investitionen und Klimafinanzierung zu unterstützen, einhalten müssen.“

„Versprechen“, wie sie die FT andeutet, wird es sicherlich viele geben – signifikante Investitionen in die Realwirtschaft im globalen Süden jedoch nicht. Faktisch ist das heutige transatlantische Finanzsystem gar nicht in der Lage, die für reale Entwicklung erforderlichen Mittel und produktiven Kredite bereitzustellen. Es muß durch ein System ersetzt werden, das dazu fähig ist.

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