Vorboten sind ernst zu nehmen – auch an der Wall Street

In den vergangenen Monaten haben wir wiederholt gewarnt, sobald ein großes Finanzinstitut wegen der geldpolitischen Straffung der Zentralbanken pleite gehen und eine systemische Ansteckung drohen werde, würden dieselben Zentralbanken die „Inflationsbekämpfung“ über Bord werfen und Liquiditätspumpen in beispiellosem Ausmaß wieder aufnehmen.

Als im vergangenen September die britische Anleihenkrise von 2022 einsetzte und im Dezember die Kryptowährungsblase platzte, bezeichneten wir das als Vorboten eines größeren Erdbebens. Die Vorhersage beruhte nicht auf Wahrsagerei, sondern auf den Gesetzen der Physik. Wenn man Liquidität aus einem System abzieht, dessen Existenz auf der kontinuierlichen Ausweitung dieser Liquidität beruht, führt das unweigerlich zum Kollaps.

Die Abfolge der Ereignisse seit dem 8.3. mit Run auf Banken, Bankenzusammenbrüchen und Panik an den Aktienmärkten zeigt, daß das systemische Erdbeben bereits im Gange sein könnte. Jedenfalls stehen Bankenrettungen wieder im Mittelpunkt des Interesses.

* Am 8.3. war Silvergate Capital Corp. in San Diego, eine kleine Bank mit einem Vermögen von etwa 14 Mrd.$, insolvent, sie wird nun liquidiert. Silvergate hatte sich zuletzt bei Einlagen und Krediten auf Kryptowährungen spezialisiert.

* Am 10.3. wurde die Silicon Valley Bank (SIVB) in Santa Clara, Kalifornien, von der US-Einlagenversicherung FDIC geschlossen. Mit einer Bilanzsumme von 212 Mrd.$ gehörte sie zu den 20 größten US-Banken, es war die größte Bankpleite in Amerika seit Washington Mutual (328 Mrd.$ Bilanzsumme) im schicksalhaften September 2008.

* Am 12.3. richtete die Federal Reserve einen neuen Rettungsfonds namens Bank Term Funding Program (BTFP) ein. Er soll 25 Mrd.$ aus dem Börsenstabilisierungsfonds erhalten und Geld vom Finanzministerium (Steuergelder) leihen, wenn das nicht ausreicht – was angesichts der Höhe der zu rettenden Einlagen mehr als wahrscheinlich ist. Der Fonds wird Banken Geld im Tausch gegen Staatsanleihen zum Nennwert leihen, um so einen Zusammenbruch des Anleihemarktes zu verhindern, falls Institute überstürzte Verkäufe tätigen müssen, weil sie Liquidität brauchen.

* Am selben Abend wurde eine dritte Bank, Signature Bank of New York mit 110 Mrd.$ Aktiva Ende 2022, vom Finanzministerium geschlossen, nachdem ihr Aktienwert und auch der Wert ihrer Anleihen auf weniger als 60 Cent pro Dollar eingebrochen war. Auch dieses Institut hat viele Kryptowährungseinlagen. Die beiden letztgenannten Banken waren Investmentbanken, die als Geschäftsbanken getarnt waren. Die meisten Einlagen waren unversichert. Diese Einlagen gehörten bei Silvergate Kryptounternehmen und bei der SIVB Start-ups.

* Am 13.3. trat Präsident Biden vor Journalisten auf und verkündete: „Alle Einlagen sind sicher“, was an ähnliche Auftritte von Regierungsvertretern zu Beginn der Krise 2008 erinnert. Hat die US-Regierung vor, sämtliche schätzungsweise 7-800 Milliarden Dollar an nicht realisierten Verlusten im Bankensystem zu decken?

Wie sich die Dinge in den nächsten Tagen entwickeln werden, wird von den Maßnahmen der Regierung und der Federal Reserve abhängen. Letzte Woche hatte Fed-Chef Jerome Powell eine Verschärfung der Geldpolitik und eine unerwartet hohe Zinsanhebung angekündigt. Aber es wird kaum möglich sein, dieses Versprechen bei der nächsten Sitzung am 23.3. zu halten.

Eine schockierende Gemeinsamkeit aller drei Banken ist, daß sie in den vergangenen Monaten, als Kunden massenhaft Einlagen abzogen, von staatlich geförderten Institutionen gerettet wurden, wie den Federal Home and Loan Banks, die eigentlich Banken Geld leihen sollen, um Hypotheken für Einfamilienhäuser zu finanzieren.

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