US-Kongreß setzt den Sprecher ab, aber nicht die gescheiterten Axiome

Die beispiellose Absetzung des Sprechers des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, sorgte weithin für Schlagzeilen über das „Chaos im US-Kongreß“. Die Kritik ist soweit berechtigt. Die Haushaltskrise wurde nicht gelöst, sondern nur bis Mitte November vertagt (vgl. SAS 40/23); die von Joe Biden beantragte Aufstockung der Mittel für den Ukraine-Krieg wurde vorübergehend gestoppt – eine schwere Niederlage für den Präsidenten; und es gibt Anzeichen dafür, daß mindestens einige wenige die tatsächliche Dysfunktion der US-Wirtschaft erkennen.

Wer sich von dem „Chaos“ positive Veränderungen erhofft, wird jedoch auf größere Schocks warten müssen, weil die vorherrschenden falschen Axiome in der politischen Klasse in den USA weitgehend unangefochten sind. Positive Veränderung muß von außen kommen, durch den Druck der zunehmend unzufriedenen Bevölkerung. Die große Mehrheit der Volksvertreter stützt weiter die imperiale Kriegspolitik des Militärisch-Industriellen Komplexes, und der klassische britische Liberalismus prägt weiter die wirtschaftspolitische Diskussion.

Die wichtigsten Punkte in der Debatte über McCarthys Absetzung brachte sein republikanischer Parteikollege Matt Gaetz auf, er verband die Opposition gegen Bidens Kriegspolitik mit Kritik an der gescheiterten Wirtschaftspolitik, die zu noch mehr unbezahlbaren Schulden und Inflation geführt hat. Gaetz prangerte McCarthy an, weil der eine geheime Abmachung getroffen hatte, nach der Verabschiedung des kurzfristigen Haushaltskompromisses die Finanzierung der Ukraine durchzusetzen. Warum sollte man Milliarden für einen verlorenen Krieg ausgeben, um ein korruptes, undemokratisches Regime in der Ukraine zu stützen, fragte Gaetz, während „die Menschen erdrückt werden und unhaltbare Staatsausgaben Schulden und Inflation antreiben?“

Seine Ablehnung des Krieges wird von einem wachsenden Teil der Bevölkerung geteilt. Doch die Mehrheit der Abgeordneten beider Parteien, die den Absetzungsantrag vor allem aus pragmatischen bzw. parteipolitischen Gründen unterstützten, bleibt fest entschlossen, den Stellvertreterkrieg in der Ukraine zu finanzieren, und viele fordern sogar noch mehr Rüstungsausgaben für einen Krieg gegen China! Zum Niedergang der Realwirtschaft sagen die Republikaner, das Hauptproblem seien zu hohe Staatsausgaben, und die Demokraten ignorieren trotz der Streiks in Schlüsselsektoren die Verzweiflung der produktiven Arbeitnehmer, ihrer früheren Basis.

Gaetz verurteilte nicht nur die Macht der Konzerne, die durch Lügen und Zensur in den Medien, Finanzierung von Denkfabriken und Spenden für politische Kampagnen die „Narrative“ steuern, er warnte auch vor der Gefahr einer „Entdollarisierung“ und nannte als Beispiel die BRICS-Staaten. „Das macht mir Sorgen“, sagte er. Seine Sorge spiegelt die Überzeugung wider, daß die USA die „einzige Supermacht“ sein müssen. Und das bleibt ein großes Problem im US-Kongreß.

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