US-Infrastrukturgesetz bleibt weit hinter dem Notwendigen zurück

Am 10.8. verabschiedete der US-Senat nach monatelangen Verhandlungen ein Infrastrukturgesetz über 1 Bio.$, was als großer, parteiübergreifender Sieg für Präsident Biden gefeiert wurde. Die Glückwünsche dürften sich jedoch aus mehreren Gründen als verfrüht erweisen:

  • Das Repräsentantenhaus macht bis 20.9. Pause, und Sprecherin Nancy Pelosi will das Infrastrukturgesetz nur verabschieden, wenn es mit einem 3,5 Bio.$ schweren Haushaltsplan gekoppelt ist, der kaum Aussicht auf Zustimmung der Republikaner hat. Die Mehrheit der Demokraten im Abgeordnetenhaus könnte zwar dafür stimmen, aber Republikaner im Senat, die dem Infrastrukturgesetz zustimmten, halten den Haushalt für zu teuer und könnten ihn noch zum Scheitern bringen.
  • Ein größeres Problem ist der Inhalt des Gesetzes. Die Maßnahmen, die laut Biden „einen historischen Aufschwung in einen langfristigen Boom verwandeln“ sollen, reichen bei weitem nicht aus, um die verfallende Infrastruktur zu reparieren, geschweige denn, durch einen Modernisierungsfaktor die wirtschaftliche Produktivität zu steigern. Von den 1 Bio.$ sind nur 566 Mrd.$ für Neuinvestitionen über die nächsten 5 Jahre vorgesehen -angesichts des Bedarfs eine läppische Summe. Und davon sind nur 20 Mrd.$ für Ausgaben bis Ende 2022 vorgesehen. Es ist zwar davon die Rede, dies mit Mitteln der Bundesstaaten und Kommunen aufzustocken, doch von diesen kämpfen viele wegen der Kosten der Pandemie mit erheblichen Defiziten und hatten schwere Einnahmeeinbußen. Der Ingenieursverband American Society of Civil Engineers, der jährlich die „Lücke“ zwischen zugewiesenen Mitteln und Bedarf berechnet, konstatiert in seinem Jahresbericht ein Defizit von 2,6 Bio.$, weit über dem Finanzierungsniveau im Gesetzentwurf.
  • Ein Großteil der Ausgaben soll in „grüne“ Technologien fließen, die die Gesamtproduktivität der Wirtschaft senken, indem effiziente und zuverlässige Energieerzeugung durch ineffiziente und unzuverlässige „nachhaltige“ Quellen wie Solar- und Windenergie ersetzt wird, auch wenn die bisher veröffentlichten Dokumente noch keine Einzelheiten enthalten.
  • Ein weiterer problematischer Aspekt ist, daß das Weiße Haus argumentiert, der Plan solle China signalisieren, daß die USA „nicht im Niedergang begriffen sind“. Biden sowie Außenminister Blinken äußerten sich nach der Abstimmung im Senat in diesem Sinne. Ein von Politico durchgeführter Vergleich mit China verdeutlicht jedoch die Unzulänglichkeit des Biden-Gesetzes: 2018 betrugen Chinas Infrastrukturausgaben 5,57% des BIP, die der USA nur 0,52%. Im selben Jahr gab China 8 Bio.$ im staatlichen Infrastrukturbudget aus, die USA 146 Mrd.$. Politico weist darauf hin, daß China allein 2011-13 mehr Beton gegossen hat als die USA im gesamten 20. Jahrhundert! Bidens Plan sieht 25 Mrd.$ für die Modernisierung von Flughäfen vor, doch China wird bis 2035 allein 162 neue, hochmoderne Flughäfen bauen.
  • Abschließend ist festzustellen, daß der Gedanke, die Mittelvergabe mit dem Aspekt des Wettbewerbs mit einem Gegner zu begründen, ein Beispiel für geopolitisches Kalkül schlimmster Art ist. Anstatt gegen die Gürtel-und-Straßen-Initiative zu konkurrieren -wie es auf dem G7-Gipfel hieß –, warum soll man nicht zusammenarbeiten, um die Herausforderungen für die ärmeren Länder ebenso wie für die „fortgeschrittenen“ G7-Nationen anzunehmen?
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