„Über die Dämonisierung der russischen Kultur“

Tatjana Zdanoka, Europaabgeordnete aus Lettland und Mitglied der Lettischen Russischen Union, hielt auf der Konferenz des Schiller-Instituts am 8.-9.7. einen Vortrag über die Kampagne zur „Entmenschlichung“ aller Russen in den baltischen Staaten und stützte sich dabei auf ihre persönlichen Erfahrungen. Der „brennende Haß auf alles Russische“ in ihrem Land sowie in Estland und Litauen sei „irrational und durch einen Minderwertigkeitskomplex der nationalen Eliten verursacht“.

In Lettland, erklärte Zdanoka, machen ethnische Russen 25% der Bevölkerung aus, die russische Sprachminderheit etwa 37%. „Dieser Teil der Bevölkerung des Landes ist gemischter Herkunft – ein Teil sind die Nachkommen der Bürger der Republik Lettland aus der Zeit von 1918-1940, ein anderer Teil Arbeitsmigranten der Sowjetära. Unter den Wählern des Landes sind etwa 25% russischsprachige Bürger, während 12% der russischsprachigen Einwohner mit ständigem Wohnsitz einen fast staatenlosen Status haben und nicht wählen dürfen.“

Die lettischen Behörden organisierten eine großangelegte Kampagne „zur Entmenschlichung, Unterdrückung und Ausgrenzung der russischsprachigen Bevölkerung“. Die Gesellschaft versinke in einer Welle von Haßreden in Mainstream-Medien und sozialen Netzwerken. Kolumnisten und Kommentatoren vergleichen russischsprachige Mitbürger offen mit „Tieren“, einer „Fünften Kolonne“ und „aggressiven Besatzern“. „Ein Mitglied der Regierungspartei im Parlament (Saeima) rief offen zu ethnischen Säuberungen auf, um den Bevölkerungsanteil der ethnischen Letten zu erhöhen. Man sammelt Unterschriften unter einer Petition zur Ausweisung ,illoyaler Bürger‘ und den Entzug ihrer lettischen Staatsbürgerschaft sowie einer Petition für ein Verbot meiner Partei, der Lettisch-Russischen Union, die sich für den Schutz der Rechte der russischsprachigen Minderheit einsetzt.“

Die EU hat nominell ein Instrument zur Bekämpfung bestimmter Formen und Äußerungen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (Rahmenbeschluß 2008/913/JI des Rates vom 28.11 2008), aber dies beauftragt lediglich die Regierungen der Mitgliedstaaten, solche Handlungen unter Strafe zu stellen. Doch in Lettland werden alle entsprechenden Beschwerden der russischen Minderheit ignoriert oder von Gerichten abgewiesen.

Die Regierung beteiligt sich zudem an der Zerstörung von Gedenkstätten für die „Soldaten der sowjetischen Armee, die Lettland im Zweiten Weltkrieg von der Nazi-Besatzung befreit haben“ und von denen etwa 150.000 „in den Kämpfen um die Befreiung Lettlands gefallen sind“. Im vergangenen Sommer und Herbst wurden mehr als 70 Denkmäler abgerissen, davon eines auf einem Grundstück, das Zdanokas jüdischen Großeltern gehört hatte, die Opfer des Holocaust wurden.

In Lettland werden auch Statuen russischer Persönlichkeiten abgerissen, wie z.B. des großen Dichters Alexander Puschkin, und die russische Sprache soll in öffentlichen und privaten Schulen verboten werden.

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