Stärken und Schwächen des italienischen Friedensvorschlags

Ein Meinungsumschwung in der europäischen Öffentlichkeit, ausgelöst durch das wachsende Bewußtsein der Gefahr eines neuen Weltkriegs und die scharfe Kritik des Papstes an der NATO, hat die italienische Regierung veranlaßt, mit Rückendeckung Frankreichs und Deutschlands eine Friedensinitiative vorzuschlagen. Am 18.5. legte Außenminister Luigi di Maio UN-Generalsekretär Antonio Gutierrez ein Vier-Punkte-Programm vor. Der bemerkenswerteste Teil ist der Vorschlag für ein „multilaterales Abkommen, das Frieden und Sicherheit in Europa garantieren kann“. Das ist in etwa das, was Moskau in den beiden Vertragsentwürfen anstrebte, die es den USA und der NATO im Dezember vorlegte, worauf diese keine Antwort gaben. Dies ist jedoch der letzte der vier Punkte des italienischen Vorschlags, obwohl er eigentlich der erste sein müßte. Sobald ein solches Abkommen zustande kommt, werden sich alle anderen Elemente fügen.

Der erste Punkt ist ein Waffenstillstand und die Entmilitarisierung der Frontlinie als Voraussetzung für Gespräche und eine endgültige Einstellung der Feindseligkeiten. Das ist angesichts der Lage vor Ort der schwierigste Schritt. Der zweite ist, die Sicherheit einer neutralen Ukraine durch internationale Vereinbarungen zu gewährleisten, die auf einer Friedenskonferenz erörtert werden sollen.

Der dritte Punkt ist ein bilaterales Abkommen zwischen Rußland und der Ukraine über den Status der Krim und des Donbaß (insbesondere der Republiken Donezk und Lugansk), bezogen auf Souveränität, territoriale Kontrolle, verfassungsrechtliche Regelungen usw.

Schließlich wird ein multilaterales Abkommen gefordert, das unter Einbeziehung der OSZE Frieden und Sicherheit in Europa gewährleisten kann. Es wird eine Neuordnung der internationalen Gleichgewichte vorgeschlagen, beginnend mit den Beziehungen zwischen der EU und Moskau, zu Fragen von strategischer Stabilität, Abrüstung und Rüstungskontrolle, Konfliktprävention und vertrauensbildenden Maßnahmen.

Die vier Schritte würden unter der Gesamtaufsicht eines ad hoc geschaffenen Gremiums stehen, der International Facilitation Group aus Ländern und internationalen Organisationen, insbesondere UNO und EU. Zu den Ländern, die bereits vor einigen Wochen für Friedensverhandlungen in Betracht gezogen wurden, gehören Frankreich, Deutschland, Italien, die Türkei, die USA, China, Kanada, Großbritannien, Polen und Israel.

Man fragt sich, wie die USA teilnehmen können, wenn sie faktisch kriegführende Partei sind. Wie die Chancen eines solchen Plans auch stehen mögen, er ist ein klarer Bruch mit der Politik von Biden und Johnson, „bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen“.

Interessanterweise reagierten Kiew und Brüssel negativ auf den italienischen Vorschlag, während der stellv. russische Außenminister erklärte, Moskau prüfe ihn. Josep Borrell von der EU kommentierte, als erstes müßten sich „die Besatzer zurückziehen“. Und die stellv. ukrainische Außenministerin Emine Dschaparowa erklärte: „Territoriale Integrität und Souveränität sind nicht verhandelbar. Wir sind daher bereit zu diskutieren, aber wir betrachten territoriale Integrität und Sicherheit als wesentlich.“

Doch keine Sorge, Ihre Mainstream-Medien werden Ihnen sicher sagen, es sei Putin, der nicht verhandeln will…

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