„Schwarze Null“ führt zum Beinahe-Einsturz einer wichtigen Brücke

Am 18. Juni stürzte in Wiesbaden beinahe eine 400 Meter lange Autobahnbrücke – die Salzbachtalbrücke – ein. Während der gesamte Verkehr gestoppt wurde, bevor es zu einer Katastrophe kommen konnte, wurden Vergleiche zu dem tragischen Einsturz einer Autobahnbrücke in Genua vor drei Jahren gezogen. Nun bleibt ein Abschnitt der Autobahn A66 in Wiesbaden auf unbestimmte Zeit gesperrt. Dabei handelt es sich um einen wichtigen Teil des Verkehrsnetzes im Rhein-Main-Gebiet, das die Städte Frankfurt, Wiesbaden und Mainz sowie den Frankfurter Flughafen umfaßt. Da die Brücke die Bahngleise zum Hauptbahnhof in Wiesbaden überquert, können praktisch keine Züge in den Bahnhof ein- oder ausfahren. Außerdem überquert sie eine weitere wichtige Autobahn, die an der Einfahrt nach Wiesbaden gesperrt wurde.

Dies war eine vorhersehbare Katastrophe, und die Schuld dafür kann der Politik der „schwarzen Null“ (Nulldefizit) des früheren Finanzministers Wolfgang Schäuble zugeschrieben werden. Die notwendigen Mittel für die Reparatur und den Ersatz der alternden Infrastruktur waren dabei einfach nicht vorgesehen. In Hessen, dessen Landeshauptstadt Wiesbaden ist, ist dem Vernehmen nach jede zehnte Brücke dringend er neuerungsbedürftig, ähnliche Situationen finden sich in ganz Deutschland.

Der Chefredakteur der Mainzer Allgemeinen Zeitung, Friedrich Roeingh, schrieb auf der Website der Zeitung: „Mit der Schönfärberei steigender Sanierungshaushalte dürfen wir uns nicht länger abspeisen lassen. Mehr Geld nützt solange nichts, wie der Verfall noch schneller voranschreitet. Dem bisherigen Klein-Klein müssen endlich Milliardenprogramme folgen. Und sie werden nur dann greifen, wenn zugleich das Planungs- und Genehmigungsrecht beschleunigt wird.“ (https://www.presseportal.de/pm/65597/4946885)

Die Salzbachtalbrücke wurde 1963 für einen Verkehrsfluß von 20.000 Fahrzeugen/Tag gebaut, heute nutzen sie wochentäglich rund 80.000, darunter viele große Lkw und Sattelschlepper. Sie ist eine der vielen alten Stahlbetonbrücken in Deutschland, die nun nach und nach durch Stahlbrücken ersetzt werden. Selbst nach dem aktuellen Plan wird die südliche Brücke (diejenige, die einzustürzen begann) voraussichtlich nicht vor 2024 und die nördliche nicht vor 2026 fertiggestellt werden.

Die einzige Maßnahme, die jetzt Sinn macht, ist, den Abriß der Brücke in 24-Stunden-Schichten zu beschleunigen und ein Crash-Projekt zu starten, um die neue Brücke zu bauen. Das würde natürlich mehr kosten, aber große Verluste bedeuten auch die Sperrung der Autobahn und des Bahnhofs.

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