Russische Wirtschaft entwickelt sich besser als erwartet

Wenige Tage nach dem Beginn der russischen „Militär-Sonderoperation“ in der Ukraine am 24.2. verhängte der Westen die „größten Sanktionen der Geschichte“, darunter die sog. „nukleare Finanzoption“ mit dem Ausschluß von sieben russischen Banken aus dem SWIFT-Abrechnungssystem. Einige Wochen später verkündete US-Außenminister Antony Blinken, die russische Wirtschaft liege infolge dieser Sanktionen „in Scherben“, und die britische Außenministerin Liz Truss frohlockte, die Sanktionen hätten „eine lähmende Wirkung“, um dann dazu aufzurufen, Rußland „zu vernichten“. Ähnlich äußerten sich für die EU Ursula von der Leyen und Josep Borrell: Die Sanktionen seien zwar für die Europäer sehr schmerzhaft, aber die einzige Möglichkeit, Rußland die Mittel zur Finanzierung des Krieges zu entziehen.

Doch was sagen andere, die keine ideologische Agenda verfolgen? Der Wall-Street-Riese JP Morgan beispielsweise teilte seinen Kunden kürzlich mit, die russische Wirtschaft sei in besserer Verfassung als erwartet. Zuvor hatte die Bank für das 2. Quartal einen Einbruch des russischen BIP um 35% vorausgesagt, nun räumt sie ein, daß die Rezession „nicht sehr tief sein wird“. Das Institute of International Finance, eine der führenden Planungsgruppen der globalen Bankenelite, prognostiziert für Rußland in diesem Jahr einen Rekord-Leistungsbilanzüberschuß von 250 Mrd.$.

Tatsächlich ist Rußlands Handelsbilanzüberschuß im 1. Quartal erheblich gestiegen, vor allem wegen des Anstiegs der Öl- und Gaspreise auf den Weltmärkten, der wiederum auf die westlichen Sanktionen zurückzuführen ist. Gleichzeitig ist die positive Handelsbilanz aber auch die Folge eines Rückgangs der Importe, insbesondere aus Europa und Japan. Das große Problem dabei ist, daß viele der betroffenen Produkte Investitionsgüter sind, wie Werkzeugmaschinen, Komponenten für Fabriken, Autoteile, Elektronik usw. Diese sind natürlich für die gesamte Realwirtschaft wichtig und müssen entweder durch eine Steigerung der inländischen Produktion oder durch Importe aus anderen Ländern kompensiert werden.

Eine Analyse von EIR-Experten ergab, daß Rußland einige negative Folgen der Importausfälle ausgleichen konnte, indem es Kapital- und Devisenkontrollen einführte, staatlich gelenkte Kredite an Landwirtschaft und Industrie vergab, um die Produktion anzukurbeln, und vor allem, indem es mit China und teilweise mit Indien und anderen Ländern zusammenarbeitete, um die Grundlagen für ein alternatives Handelssystem zu schaffen. In dem Zusammenhang hat der Ökonom Sergej Glasjew, derzeit Minister der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU), Vorschläge für ein neues Währungs- und Kreditsystem unter der Führung Eurasiens und Chinas vorgelegt.

Unterdessen geht es der russischen Landwirtschaft gut, was eine sehr gute Nachricht für die ganze Welt ist. Präsident Putin persönlich verkündete am 12.5., daß die diesjährige Getreideernte nach Expertenschätzungen ein „Allzeithoch“ von 130 Mio.t erreichen wird, davon 87 Mio.t Weizen. Der letzte Spitzenwert bei der Weizenernte (85 Mio.t) wurde vor zwei Jahren erreicht. 2020-21 entfielen auf Rußland 20% der weltweiten Weizenexporte.

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