Plan B der NATO in der Ukraine: Offener Krieg mit Rußland?

Der neue britische Verteidigungsminister Grant Shapps erklärte gegenüber dem Londoner Telegraph (30.9.), er habe mit der Armeeführung über die Verlagerung von mehr militärischer Ausbildung und Produktion in die Ukraine gesprochen, und er forderte britische Rüstungsunternehmen auf, Fabriken in der Ukraine zu errichten. Während seines Besuchs in Kiew am 27.9. habe er mit Präsident Selenskyj auch darüber gesprochen, wie die britische Royal Navy sich daran beteiligen könnte, Handelsschiffe vor russischen Angriffen im Schwarzen Meer zu schützen.

Der Vizevorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitrij Medwedjew, und andere wiesen darauf hin, daß dies die betreffenden britischen Bürger und Ausrüstungen zu legalen Zielen russischer Angriffe machen würde. Was könnte dann noch einen offenen Krieg zwischen der NATO und Rußland verhindern? Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum Premierminister Sunak klarstellte, solche Schritte seien „eines Tages in der Zukunft“ denkbar, aber nicht jetzt.

Da das von der NATO bewaffnete und unterstützte ukrainische Militär unbestreitbar daran gescheitert ist, nennenswerte Fortschritte gegen die Russen zu erzielen, und in den USA und Europa der Widerstand gegen die Finanzierung eines Krieges zunimmt, der nicht zu gewinnen ist und die Ukraine und ihre Bevölkerung zerstört (s.u.), wächst im Westen die Verzweiflung.

Als Folge davon nehmen die direkten Angriffe auf die Krim und andere Ziele auf russischem Territorium deutlich zu, was eine Entscheidung der Regierung Biden für die Lieferung von ATACMS-Systemen an die Ukraine beschleunigen könnte – und die Regierung Scholz in Berlin würde mit Taurus-Langstrecken-Marschflugkörpern nachziehen. Der Rußlandexperte Gilbert Doctorow bezeichnete dies als „Washingtons Plan B“. Es würde mit ziemlicher Sicherheit bedeuten, daß US- und deutsches Militärpersonal vor Ort sein müßte, mindestens für den Umgang mit diesen Waffen.

Derweil häufen sich die guten Nachrichten für die Rüstungsindustrie. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg verkündete am 28.9. in Kiew, die NATO habe inzwischen Rahmenverträge für die Produktion wichtiger Munition im Wert von 2,4 Mrd.€ geschlossen. Am 29.9. fand in Kiew im Rahmen der Bemühungen der Regierung um eine erhöhte Waffenproduktion im Land eine internationale Konferenz der Rüstungsindustrie statt. Nach Angaben von Präsident Selenskyj waren rund 250 Unternehmen aus mehr als 30 Ländern vertreten, dazu Verteidigungsminister und andere Vertreter verschiedener Länder.

In einer Videoschaltung bestätigte Stoltenberg, viele Verbündete hätten ihre Bestände zur Unterstützung der Ukraine erheblich reduziert, daher „müssen wir jetzt die Produktion hochfahren“. Nach ukrainischen Angaben wollen einige Unternehmen dort bald Fabriken errichten. Separat berichtet Defense News, daß der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall ein Werk in der Ukraine plant, zunächst für die Wartung und Reparatur von Deutschland gelieferter Waffen und Fahrzeuge.

Auch in diesem Fall werden alle Fabriken ausländischer Unternehmen zur Herstellung von Kriegsmaterial zu Zielen für russische Raketen- und Drohnenangriffe. Die zusätzlichen Waffen und Munition werden den Kriegsverlauf nicht mehr zugunsten der Ukraine verändern als alle anderen zuvor. Aber sie erhöhen die Gefahr eines Atomkriegs zwischen der NATO und Rußland, den niemand gewinnen kann.

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