Nigeria rückt dem BRICS-Beitritt näher

Mit über 200 Millionen Einwohnern ist Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas und das einzige in West-Zentralafrika, das über eine Armee im eigentlichen Sinne verfügt. Aufgrund seiner wirtschaftlichen und militärischen Macht ist es für die regionalen Kräfteverhältnisse entscheidend. Daher ist es von strategischer Bedeutung, ob die im Februar nach der Wahl eines neuen Präsidenten gebildete Regierung den politischen Kurs des Vorgängers fortsetzt oder damit bricht.

Nun sprechen Anzeichen dafür, daß die Regierung unter Präsident Bola Tinubu trotz seiner anglophilen Karriere den von seinem Vorgänger Muhammadu Buhari eingeleiteten Weg der Emanzipation vom IWF und von der westlichen Finanzoligarchie einschlagen könnte. Buhari hatte das neokoloniale Wirtschaftsmodell des Rohstoffexporteurs aufgegeben, um den Aufbau von Infrastruktur und Produktion stark voranzutreiben. Dazu hatte er die Beziehungen zu China gestärkt, und Nigeria trat der Gürtel- und Straßen-Initiative bei. Es sieht so aus, als ob dieser Kurs nicht geändert, sondern verstärkt wird.

Der neue Außenminister Yusuf Tuggar erklärte laut Bloomberg News vom 22.11., sein Land sei für einen Beitritt zu den BRICS aufgeschlossen. Optimistisch sagte er: „Nigeria ist erwachsen geworden, um selbst zu entscheiden, wer es ist, wer und wo unsere Partner sein sollten; dazu ist es in unserem besten Interesse, sich in mehrere Richtungen zu orientieren. Wir müssen Gruppen wie BRICS, G20 und all den anderen angehören, denn wenn es dafür ein bestimmtes Kriterium gibt, etwa daß die bevölkerungs- und wirtschaftlich größten Länder dazugehören sollten, warum gehört Nigeria dann nicht dazu?“ (Nigeria wird bis 2050 voraussichtlich das viertgrößte Land der Welt sein.)

Dies scheint das Ergebnis eines Machtkampfes innerhalb der Regierung zu sein. So hatte Tinubu nicht am BRICS-Gipfel im August in Südafrika teilgenommen und nur seinen Vizepräsidenten Kashim Shettima entsendet. Damals herrschte Unklarheit und Streit darüber, ob Nigeria sich tatsächlich um eine Mitgliedschaft beworben hatte. Das Land stand auf mindestens einer Liste von „Bewerbern“, was Shettima im August dementierte, aber der interne Konflikt währte bis in den September hinein, und die Regierung mußte eine öffentliche Erklärung abgeben: „Entgegen den Spekulationen haben wir uns nicht bei den BRICS-Staaten beworben. Bisher haben wir keinen Antrag bei den BRICS-Staaten oder den G20 gestellt.“

Außenminister Tuggar, ein ehemaliger Botschafter in Deutschland, ist bekannt als Unterstützer des ehrgeizigen Transaqua-Projekts für Wassertransfer vom Kongobecken in das Tschadseebecken, das von der früheren Regierung stark gefördert wurde (s.u.). Er hatte Transaqua in einer Rede auf einer Konferenz des Schiller Instituts 2018 im deutschen Bad Soden befürwortet (siehe https://solidaritaet.com/neuesol/2018/29/tuggar.htm und SAS 28/18).

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