Narrativ zur Ukraine ist erschüttert

Die Kluft zwischen der Realität des Ukraine-Krieges und seiner Darstellung im Westen wird immer größer, wie der zweite Jahrestag des Konflikts zeigt. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wollte den italienischen G7-Vorsitz mit einem Treffen der Gruppe in Kiew einläuten, doch der Erfolg war zweifelhaft. Während sie mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und dem kanadischen Premierminister Trudeau anreiste, nahm der französische Präsident Macron nicht einmal an der Videokonferenz teil und überließ dies seinem Außenminister. Ansonsten war am Jahrestag viel Rhetorik zu hören, wie „die Ukraine ist ein Teil unserer Heimat“ und „es kann nur Frieden geben, wenn Rußland besiegt ist“. Das abschließende G7-Kommuniqué bekräftigt die „unerschütterliche langfristige“ Unterstützung für Kiew, das Einfrieren russischer Vermögenswerte bis zum Wiederaufbau der Ukraine, die Nichtanerkennung von russischen Wahlen, neue Sanktionen und eine Mahnung an Rußland, „die Feindseligkeiten sofort einzustellen“.
Am Rande des G7-Gipfels schlossen Frankreich, Deutschland und Italien unverbindliche Vereinbarungen über Sicherheit und langjährige Unterstützung für die Ukraine. Der ukrainische Präsident Selenskyj bedankte sich bei der G7-Präsidentschaft, indem er eine Feindliste italienischer „Putinversteher“ ankündigte, ohne daß Rom auch nur den Hauch eines Protestes gegen diese eklatante Einmischung vorgebracht hätte.

Wie wir letzte Woche feststellten, hat die ukrainische Niederlage in Awdijiwka jedoch jenseits des Atlantiks einige Augen geöffnet. Zwei frühere Befürworter des NATO-Krieges verkünden, daß Kiew keine Chance auf einen Sieg hat. In einem Gastbeitrag in The Hill vom 22.2. mit dem Titel „Die Ukraine kann nicht mehr gewinnen“ schreibt Oberst (a.D.) Joe Buccino, ein Innovationsexperte beim US-Verteidigungsministerium: „Da sich der zweite Jahrestag der russischen Invasion nähert und das jüngste Hilfspaket für die Ukraine im Kongreß ins Stocken gerät, müssen wir uns über die Zukunft im Klaren sein. Es gibt keinen Weg für die Ukraine, diesen Krieg zu gewinnen. Die amerikanische Unterstützung wird an dieser Realität nichts ändern…“

Und bei einem virtuellen Medienbriefing des Council on Foreign Relations am 20.2. zeigte sich Senior Fellow Charles Kupchan völlig überrascht über den schnellen Zerfall der ukrainischen Streitkräfte: „Die Ereignisse auf dem Schlachtfeld haben sich in einer Weise zu Rußlands Gunsten gewendet, die so ziemlich jeden überrascht, mich selbst eingeschlossen… Und als Folge davon glaube ich nicht, daß die Ukraine den Kurs halten kann…“

Sogar die westliche Darstellung des Todes von Alexander Nawalny, der hochgespielt wurde, um die schlechten Nachrichten von der Front zu vertuschen, fängt an zu bröckeln. Kein Geringerer als der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanov, gab am 26.2. bekannt, er verfüge über Informationen, wonach Nawalny eines natürlichen Todes starb. Budanow sagte Reportern auf einem Jahr-2024-Forum: „Ich muß Sie vielleicht enttäuschen, aber wir wissen, daß er an einem Blutgerinnsel gestorben ist. Das ist mehr oder weniger bestätigt.“

Das ist eine Riesenblamage für die britische Regierung. London war stolz darauf, als erster wegen Nawalnys Tod Sanktionen zu verhängen und das Vermögen der sechs Leiter seines Gefängnisses einzufrieren. Auf dem G20-Treffen in Rio letzte Woche hatte Außenminister David Cameron seinem russischen Amtskollegen Lawrow noch theatralisch zugebrüllt: „Sie haben Nawalny ermordet.“

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