Nach der Beisetzung der Queen: Massenstreiks im Vereinigten Königreich

Unmittelbar nachdem Königin Elisabeths Sarg in die königliche Gruft gesenkt worden war, begann in ganz Großbritannien eine große Streikwelle, an der sich insgesamt mehr als 170.000 Gewerkschafter beteiligen werden. Am Abend des 19.9. begannen die Hafenarbeiter in Liverpool einen zweiwöchigen Streik, der einen der größten britischen Häfen mit einem jährlichen Umschlag von einer halben Million Containern lahm legte. Am 27.9. werden die Arbeiter im Hafen von Felixstowe, die das Lohnangebot des Hafenbetreibers abgelehnt haben, einen Streik mit halber Arbeitszeit beginnen. Es handelt sich um den größten britischen Hafen, in dem mit jährlich rund 4 Mio. Containern die Hälfte des gesamten Containerverkehrs des Landes abgewickelt wird. Er ist auch einer der wenigen Häfen, die Supercontainerschiffe abfertigen können. Ein früherer achttägiger Streik hatte bereits ernsthafte Auswirkungen auf die Lieferketten.

Die Beschäftigten beider Häfen gehören der Gewerkschaft UNITE an, deren Generalsekretärin Sharon Graham im Guardian zitiert wird: „Die Arbeitnehmer im ganzen Land haben es satt, daß man ihnen sagt, sie müßten Einbußen bei ihren Löhnen und ihrem Lebensstandard hinnehmen, während sich ein Arbeitgeber nach dem anderen der zügellosen Profitmacherei schuldig macht.“ Die Hafeneigentümer müßten ein vernünftiges Angebot vorlegen und ihre früheren Lohnversprechen einhalten.

Am 1.10. werden sich den Hafenarbeitern 115.000 Beschäftigte der Post, 40.000 Eisenbahner der Rail Maritime Transport Union sowie Lokführer der Gewerkschaft ASLEF anschließen und bis zum 5.10. streiken.

Eine Hauptforderung der Gewerkschaften ist eine Lohnerhöhung, die zumindest die Inflationsrate ausgleicht, welche im August 9,8% betrug und damit noch über dem EU-Durchschnitt lag. Allein im August stiegen die Kosten für Lebensmittel um 12,4% im Vergleich zum August 2021.

Alle Bevölkerungsschichten sind betroffen. Mitglieder der Hochschulgewerkschaft UCU werden ab 26.9. an insgesamt zehn Tagen Aktionen an 26 Bildungseinrichtungen durchführen. Am 6.10. setzen die Krankenschwestern des Nationalen Gesundheitsdienstes (National Health Service) ihren wegen des Todes der Queen verschobenen Streik fort.

All dies fällt mit dem Parteitag der Labour Party ab 24.9. zusammen, wo auch der der Partei angeschlossene Gewerkschaftsbund (Trade Union Congress) vertreten sein wird. Auf dem Höhepunkt der Streiks findet vom 2.-5.10. der Parteitag der Konservativen statt.

Die Arroganz der Regierung von Premierministerin Liz Truss gegenüber den Gewerkschaften und protestierenden Arbeitnehmern wurde Anfang des Monats deutlich, als Schatzkanzler Kwasi Kwarteng ankündigte, daß die Regierung die während der Finanzkrise des letzten Jahrzehnts eingeführte Obergrenze für die Boni von Bankern aufheben werde.

Der Sekretär des Gewerkschaftsrats von Sheffield, Martin Mayer, verurteilte Kwartengs Ankündigung als „Schlag ins Gesicht von Millionen von Arbeitnehmern, die in diesem Winter mit extremer Not konfrontiert sind, da die Rekordinflation nicht durch Lohnerhöhungen ausgeglichen wird“. Die Gewerkschaftsräte seien dabei, im ganzen Land öffentliche Unterstützung für die streikenden Arbeitnehmer zu mobilisieren.

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