Hypothekendarlehen: Es ist wie 2008, aber auf Steroiden

Wie erwartet, hat im Westen ein Jahr der Zinserhöhungen in Verbindung mit einem selbst verursachten Energiepreisschock und der Unterbrechung der Versorgungsketten zu Masseninsolvenzen geführt. Der erste davon betroffene Sektor ist der Markt für Wohnungsbaudarlehen, da Hausbesitzer jeden Monat die Hypothekenzinsen zahlen müssen – anders als bei Unternehmen, wo nur jedes Quartal die Verluste sichtbar werden.

Andererseits können Bankverluste bei Hypothekendarlehen den gleichen Kettenkollaps im Finanzsystem auslösen wie die Subprime-Krise 2008, bei der Billionen von Derivatwetten auf diese Wertpapiere aufgelöst wurden. Die Lösung ist, wie wir schon oft gesagt haben, nicht die Rückkehr zu Nullzinsen, sondern die Beseitigung des Derivate-Krebses durch Einführung eines Trennbankensystems.

Die Zahlen für Italien und das Vereinigte Königreich zeigen, daß die Verzugsquote bei Hypothekenkrediten bereits ein alarmierendes Niveau erreicht hat. In Italien belaufen sich die Zahlungsrückstände bei Bankkrediten nach Angaben der italienischen Gewerkschaft der Bankangestellten bereits auf 15 Mrd. Euro. Von diesen 15 Mrd. sind 6,8 Mrd. Hypothekenkredite, von denen 2,7 als notleidende Kredite, 3,4 als wahrscheinlich notleidende Kredite und 621 Mio. als überfällige Zahlungen eingestuft werden.

Der Anstieg der Geldkosten – von Null auf 4% in 11 Monaten – hat insbesondere Hypothekendarlehen mit anpaßbaren Zinssätzen betroffen, eine Kategorie mit einem Gesamtwert von 140 Mrd. €. Aufgrund der Art und Weise, wie solche Kredite vergeben werden, hat der Zinsanstieg die monatlichen Raten um bis zu 50% erhöht. Dadurch wird es für die Haushalte, die zwischen der Inflation, die die Ersparnisse verringert hat, und den höheren Hypothekenzinsen in die Zange genommen werden, immer schwieriger, letztere zu zahlen.

In Großbritannien, wo die Zentralbank die Zinsen innerhalb eines Jahres von Null auf 5,5% erhöht hat, werden schätzungsweise fast 30% der Haushalte (etwa 7,8 Mio.) bis zum Jahresende zahlungsunfähig sein. Nach Angaben des National Institute of Economic and Social Research werden 1,2 Mio. Haushalte am Jahresende keine Ersparnisse mehr haben. Die größten Auswirkungen werden in Wales und im Nordosten Englands erwartet.

Die Zahlungsausfälle könnten vermieden werden, wenn die Kaufkraft der Haushalte wiederhergestellt würde. In den 1970er Jahren, nach dem ersten Ölschock, der zu einer Vervierfachung der Kraftstoffpreise und einer hohen Inflation in den OECD-Ländern führte, widersetzten sich die Regierungen dem Widerstand der Banker und führten Schutzmaßnahmen für die Haushaltseinkommen ein, wie z. B. Lebenshaltungskostensteigerungen. Heute hingegen stehen die Regierungen unter der Fuchtel der Finanzoligarchie, die Lohnkürzungen vorschreibt, um die „Inflation zu bekämpfen“.

Die Ironie besteht darin, daß die Fixiertheit auf Sparmaßnahmen die Umstellung des Westens auf Kriegswirtschaft gefährdet, wie der Fall der schottischen Fabrik zeigt, die die „Storm Shadows“-Raketen herstellt, die an die Ukraine geliefert werden sollen. Die Arbeiter der vom Verteidigungsministerium betriebenen Fabrik streiken inzwischen wegen extrem niedriger Löhne. Mit 10,40 Pfund pro Stunde verdienen sie weniger als eine Kassiererin in einem LIDL-Supermarkt. Aus Verteidigungskreisen erfuhr der Daily Mirror, daß eine Fortsetzung des Streiks Auswirkungen auf die Lieferung der Raketen haben könnte. Dieselbe Fabrik produziert auch Waffensysteme für die in Faslane stationierten britischen U-Boote zur nuklearen Abschreckung.

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