Frankreich: ein fauler Sieg für Emmanuel Macron

Erwartungsgemäß gewann Emmanuel Macron die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahlen am 24.4. mit 58,5% der Stimmen gegen Marine Le Pen, die auf 41,5% kam. Obwohl Le Pen im Vergleich zu ihrem Ergebnis gegen Macron 2017 beträchtlich zulegen konnte, schnitten beide Kandidaten nicht besonders gut ab. Der Anteil der Nichtwähler (28%) war der höchste seit 1969, weitere 6,3% gaben leere Wahlzettel ab, weil sie beide Kandidaten ablehnen. Nach Berechnungen von Le Monde kommt Macron, wenn man alle Wahlberechtigten berücksichtigt (einschließlich Nichtwähler, leere und ungültige Stimmzettel), auf nur 38,5% der Stimmen, Le Pen auf 27,3%.

Tatsächlich ist die Bevölkerung in Frankreich, wie in den meisten EU-Mitgliedstaaten, zunehmend wütend und mißtrauisch gegenüber den Machthabern, die sie verraten und verkaufen. Das zeigte sich bereits in der ersten Runde, als Le Pen und der linke Kandidat Jean-Luc Mélenchon zusammen über 45% der Stimmen erhielten (siehe SAS 15-16/2022). Die Trennlinien verlaufen nicht mehr zwischen „links und rechts“, was die Tatsache zeigt, daß in vielen Städten sowie in Martinique und Guadeloupe dieselben Wähler, die in der ersten Runde Mélenchon einen klaren Sieg beschert hatten, am 24. massiv für Le Pen stimmten.

Die nächste entscheidende Schlacht werden die für Mitte Juni angesetzten Parlamentswahlen sein, die allgemein als „dritte und vierte Runde“ der Präsidentschaftswahlen gelten. Es wird erwartet, daß Präsident Macrons Partei LREM von den Wählern deutlich abgestraft wird, was es für ihn schwierig machen wird, weiterzumachen wie bisher. In seiner typischen Chamäleon-Art hat Macron bereits größere personelle Veränderungen in der Regierung und seine Bereitschaft zu Kompromissen angekündigt.

Eine Reihe von Kandidaten, die von Solidarité et Progrès (S&P) unterstützt werden, kandidieren zusammen mit Vertretern von George Kuzmanovics Partei République Souveraine und anderen unter dem gemeinsamen Banner La Raison du Peuple, um eine praktikable Alternative zum derzeitigen Zerfallsprozeß zu präsentieren. In einer am 25.4. veröffentlichten Erklärung konstatiert Jacques Cheminade, der Präsident von S&P, die wirklichen, dringenden Sorgen der französischen Bevölkerung und die Herausforderungen der Welt seien im Präsidentschaftswahlkampf „beiseite geschoben“ worden. Die herrschenden Klassen hätten das Gemeinwohl nicht im Blick, weil sie sich für „die einzigen legitimen Machthaber“ halten und dadurch „blind und ohnmächtig gemacht haben“.

Während im Land. So Cheminade, „alles zu teuer geworden ist“, habe sich Frankreich international in einer Situation extremer Kriegsgefahr der NATO unterworfen, und es werde nichts gegen den drohenden wirtschaftlichen Zerfall getan.

Vor diesem Hintergrund, so Cheminade, werde S&P an den Parlamentswahlen teilnehmen, um jenseits von Ideologien und persönlichen Ambitionen Bürger als „Embryo einer Union“ zusammenzubringen. Gemeinsam „werden wir die internationale Finanzoligarchie und ihren militärisch-industriellen Komplex bekämpfen, der unser wahrer Feind ist, und nicht diese oder jene Partei oder dieses oder jenes Land, wie fehlgeleitet auch immer“.

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