EZB kündigt weitere kreative Zerstörung an

Als die EZB-Vorsitzende Christine Lagarde am 27.6. weitere künftige Zinserhöhungen ankündigte, waren die Reaktionen unter Ökonomen gespalten: Die einen sagten „das ist zuviel“ und die anderen „das ist zuwenig“. Erstere warnen, die EU-Volkswirtschaften befänden sich bereits in einer Rezession und höhere Zinsen würden noch mehr Schaden anrichten, letztere betonen, die Inflation in der EU sei immer noch zu hoch und müsse dringend eingedämmt werden.

Beide Lager haben Recht und Unrecht zugleich: Recht in Bezug auf die verrückte EZB-Politik, aber Unrecht in Bezug auf die Lösungsvorschläge.

Die Geldpolitik der EZB ist verrückt, weil sie auf falschen Annahmen über die Inflationsursachen basiert. Nachdem sich die Energiepreise leicht erholt haben, erklärte Christine Lagarde nun, schuld an der Inflation seien „Klimawandel“ und „Profitgier der Unternehmen“. Das ist so falsch, daß es beinahe grotesk ist. Nach jahrelanger Massengehirnwäsche können Politiker heute bei jedem Thema den Klimawandel zitieren, ohne fürchten zu müssen, ausgelacht zu werden. Und die Unternehmensgewinne waren ursprünglich eine Ausrede der Biden-Administration als Ablenkung von der wahren Ursache, nämlich den Folgen der von den Zentralbanken jahrzehntelang aufgeblähten Finanzblase.

Zwar haben Hersteller und Verkäufer die Preise erhöht, um Gewinne zu erzielen, aber das war für sie eine Frage des Überlebens, weil die Margen zur Deckung der gestiegenen Energiekosten erschöpft waren. Und die Energiekosten wiederum waren, wie wir oft dokumentiert haben, eine Folge der Verlagerung der Finanzspekulation von Wertpapieren hin zu Rohstoffen.

Dennoch verkündete Lagarde: „Wir müssen die Zinsen auf ein ‚ausreichend restriktives‘ Niveau bringen und sie dort ‚so lange wie nötig‘ belassen.“ Somit setzt die EZB ihren geldpolitischen Druck fort, nachdem sie die Zinsen schon in elf Monaten um 400 Basispunkte angehoben hat – ein historischer Rekord.

Damit folgt die EZB der Lehrbuchökonomie, wonach eine Erhöhung der Geldkosten die Nachfrage und damit die Inflation senken soll, aber das ist Unsinn. Der Konsum der Haushalte in der EU war in den letzten 36 Monaten unverändert oder negativ. Wenn die Inflation die Folge eines Überschusses der Warennachfrage gegenüber dem Angebot wäre, dann wäre sie seit langem rückläufig, weil sich die Nachfrage wieder ausgeglichen hat.

Das einzige, was man mit den steigenden Zinsen erreicht, ist die endgültige Zerstörung der produktiven Wirtschaft und des Haushaltskonsums, die beide bereits unter der menschengemachten Energiekrise leiden. Die Produktion ist in energieintensiven Sektoren EU-weit um zweistellige Werte geschrumpft, und der Einkaufsmanager-Index für Juni ist düster (ein Wert über 50 steht für erwartetes Wachstum): 40,6 in Deutschland, 43,8 in Italien, 46 in Frankreich und 43,8 für die EU insgesamt. In den USA liegt er bei 46. (Zum Vergleich: In China liegt er bei 55,6, in Rußland bei 52,6.)

Darüber hinaus führt jede Zinserhöhung automatisch zu einer Abwertung der Vermögenswerte und des Kapitals der Banken, die bisher für die US-Banken auf 620 Mrd.$ geschätzt wurde (einige schätzen die Zahl sogar über 1 Bio.$). Somit ist die nächste Bankenkrise vorprogrammiert.

Die Lösung besteht nicht darin, zu niedrigen oder gar Nullzinsen zurückzukehren, wie es viele Ökonomen und Politiker fordern, eine Rückkehr zum Liquiditätspumpen würde das hyperinflationäre Potential des Systems neu entfachen. Die einzige Lösung besteht darin, dieses Potential durch eine Reform mit einer Bankentrennung zu entschärfen, wie das Glass-Steagall-Gesetz von 1933 in den USA, das Investmentbanken von Geschäftsbanken trennte – diesmal auf internationaler Ebene. Eine solche Reform würde die Erpressung durch die „systemrelevanten“ Banken beenden, und die Regierungen könnten das Geld der Einleger schützen, das für die Kreditvergabe an die Realwirtschaft und an Haushalte benötigt wird, und gleichzeitig die mit unbezahlbaren Spekulationsschulden vollgestopften Investmentbanken ihrem Schicksal überlassen.

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