EU: Energiekrise erzwingt Wahrnehmung der Realität

Eine katastrophale Kombination aus Hyperinflation, Energiemangel, Wiederaufleben von COVID und Entlassungen in der Industrie trifft die EU. Dies hätte man vermeiden können, wenn die Regierungen 1. die EZB daran gehindert hätten, mit einer hyperinflationären Geldmengenausweitung das bankrotte Finanzsystem zu retten; 2. auf den hastigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verzichten würden; 3. mindestens eine Machbarkeitsstudie durchgeführt hätten, bevor sie selbstmörderische Sanktionen gegen Rußland verhängen.

Als Moskau beschloß, nicht länger „die andere Wange hinzuhalten“, und die Gasflüsse schrittweise reduzierte, begannen die mutigen Europäer zu kneifen. So wurden Stunden vor der Schließung der Nord Stream 1-Pipeline wegen Wartungsarbeiten am 11.7. die Sanktionen gegen die Lieferung einer in Kanada blockierten Gasturbine aufgehoben, wegen der Gazprom seine Gaslieferungen um 60% reduziert hatte. Stanislaw Mitrachowitsch vom russischen Nationalen Energiesicherheitsfonds kommentierte: „Der Westen mußte zugeben, daß er sich in seinen eigenen Sanktionen verfangen hatte – daß er mehr essen wollte, als er schlucken konnte.“

Es gibt jedoch keine Garantie, daß Moskau die Lieferungen durch Nord Stream 1 nach der planmäßigen zehntägigen Wartungspause wieder in vollem Umfang aufnimmt, und auch nicht, daß Deutschland und andere EU-Länder es schaffen werden, ihre Gasreserven für den nächsten Winter aufzufüllen.

In rechtsstaatlichen Systemen werden die Regierungen gewählt, um für die Interessen des Landes und das Gemeinwohl der Bevölkerung einzutreten. In der aktuellen Krise bedeutet das, für ausreichend preisgünstige Energie für Wirtschaft und Haushalte zu sorgen. Stattdessen bombardieren die EU-Regierungen die Bevölkerung mit bösartigen Botschaften über die unvermeidliche Rationierung von Energie für Heizung und Strom in den kommenden Monaten. Pläne für die Kürzung der Energieversorgung von industriellen Großabnehmern werden ausgearbeitet und angekündigt; Haushalte sollen sich auf viel höhere Rechnungen gefaßt machen; es ist sogar die Rede von öffentlichen „Warmräumen“ für ältere und arme Menschen, die sich das Heizen zu Hause nicht leisten können.

In Deutschland verursacht das Horrorszenario bereits einen Riß in der Koalitionsregierung, die in der Bevölkerung an Rückhalt verliert. Die FDP fordert eine Rücknahme der Ausstiegsbeschlüsse aus der Kernenergie und schlägt einen verlängerten Betrieb der letzten drei Kernkraftwerke vor, die Ende des Jahres vom Netz gehen sollen. Die CDU erhebt eine ähnliche Forderung, und die Zertifizierungsstelle TÜV-Süd erklärt, drei weitere, im letzten Jahr abgeschaltete Kernkraftwerke  könnten reaktiviert werden, wenn auch zu hohen Kosten. Einige Politiker, wie die linke Ikone Sahra Wagenknecht, aber auch der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi, haben ein Tabu gebrochen und fordern die Öffnung der Pipeline Nord Stream 2, um Deutschlands Erdgasversorgung zu gewährleisten.

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