EU-Beitritt der Ukraine: eine unhaltbare Chimäre

Der Beschluß des Europäischen Rates der EU vom 15.12. (ohne Ungarn, dessen Ministerpräsident Orban vor der Abstimmung den Saal verließ) für die Aufnahme von Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Ukraine ist bestenfalls realitätsfern und schlimmstenfalls ein grausames Täuschungsmanöver. Die Soforthilfe für die Ukraine wurde blockiert, während der Beitrittsprozeß, wenn überhaupt, erst abgeschlossen sein wird, wenn alle derzeitigen EU-Regierungschefs längst aus dem Amt sind.

Während die europäischen Mainstream-Medien sich in Lobeshymnen über die Entscheidung ergingen, beschrieb die Washington Post recht treffend, was ein Beitritt der Ukraine für die EU bedeuten würde:

Da die Ukraine das fünftbevölkerungsreichste Land in Europa ist, entfielen auf sie 9% bei Abstimmungen mit „qualifizierter Mehrheit“ (mindestens 55% der Mitgliedsländer mit mindestens 65% der Bevölkerung, damit werden viele Entscheidungen in der EU getroffen). Und da sie mit Abstand das ärmste Land ist, würde sie nach den jetzigen Regeln den größten Teil der Subventionen absorbieren.

Bei Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit hätte Deutschland statt 18,6% nur noch 16,9% der Stimmen. Polen und die Ukraine hätten zusammen so viel Macht wie Deutschland. Vielleicht ahnen die Autoren der Washington Post nicht, daß einige in der EU gerade das sehr gerne sähen. Hinzu kommt der dort nicht angesprochene militärisch-strategische Aspekt – ein EU-Mitglied ist faktisch auch Mitglied der NATO.

In der Post heißt es, viele in Brüssel seien der Meinung, um die Ukraine und andere Länder aufzunehmen, müsse die EU ihre wichtigsten Institutionen, u.a. das Parlament, und ihre Agrarpolitik reformieren. Derzeit erhalten europäische Landwirte Subventionen von gut 183 Euro pro Hektar bewirtschafteter Fläche, und angesichts der großen Flächen würden die ukrainischen Landwirte viele Milliarden erhalten. In Polen protestieren die Landwirte bereits gegen ukrainische Getreideexporte, die sich negativ auf die inländischen Preise auswirken. Die Ukraine exportierte vor dem Krieg 20 Mio.t Weizen im Jahr, das entspricht einem Drittel der gesamten EU-Ausfuhren. Polen dagegen exportiert nur 4 Mio.t pro Jahr.

Das jährliche Pro-Kopf-BIP der Ukraine lag 2021 bei 4470 Dollar. In Bulgarien, dem ärmsten Land der EU, waren es nach Angaben des IWF 10.700 Euro. Laut einer Schätzung von EU-Kommission, Weltbank und UNO nach dem ersten Jahr des Konflikts werden sich die Kosten für den Wiederaufbau nach dem Krieg auf mindestens 366 Mrd.€ belaufen. Zwischen Versprechen und Taten dürfte also eine große Lücke klaffen.

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