EU-Aufsichtsbehörden lehnen Regulierung des Energiemarktes ab

Am 29.4. veröffentlichte die EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) ihren mit Spannung erwarteten Bericht über die Frage, ob der Preisbildungsmechanismus für Energie umgestaltet werden sollte oder nicht. Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Griechenland erheben zu Recht den Vorwurf, daß dieser Mechanismus die Preise weit über den tatsächlichen Marktpreis hochtreibt. In dem Bericht hingegen wird der Mechanismus verteidigt: „ACER stellt fest, daß der derzeitige Rahmen des Strom-Großhandelsmarktes unter relativ ,normalen‘ Marktbedingungen eine effiziente und sichere Stromversorgung gewährleistet. Daher ist ACER der Meinung, daß der derzeitige Marktrahmen beibehalten werden sollte.“ Die gegenwärtigen Umstände seien zwar alles andere als normal, aber „der derzeitige Strommarktrahmen ist für die aktuelle Krise nicht verantwortlich“.

Unter dem derzeitigen System wird der Strompreis für die gesamte EU auf dem höchsten am Markt gebotenen Preis festgelegt, um erneuerbare Energien zu subventionieren. Da aus Gas erzeugter Strom wegen der steigenden Gaspreise am teuersten ist, bewirkt dies einen sehr hohen Strompreis in allen EU-Ländern, unabhängig von der Art der Energieerzeugung. Jedes Schulkind versteht, daß das eine Preisverzerrung ist. Ganz zu schweigen von der eklatanten Preismanipulation durch Finanzspekulanten auf dem Terminmarkt, u.a. bei Emissionszertifikaten.

Deren Lobby veranlaßte auch eine Gruppe von Ökonomen, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 21.4. einen Aufruf gegen jegliche Regulierung des Marktes zu veröffentlichen. Die Autoren fordern, die Abhängigkeit von russischem Gas sofort zu verringern, und behaupten gleichzeitig, hohe Preise dienten als „Verhaltenskorrektiv“ in der Wirtschaft. Ihre Argumente gegen staatliche Eingriffe in den Energiemarkt und für Subventionen für ärmere Haushalte werden den Spekulanten hohe Gewinne sichern.

Nicht zufällig hatte der bekannteste dieser Ökonomen, Martin Hellwig, nach der Finanzkrise 2008 das Buch Des Bankers neue Kleider veröffentlicht, das angeblich Abhilfe anbieten sollte, worin er aber wirksame Finanzreformen wie die Glass-Steagall-Bankentrennung ablehnte. Einige nannten es ein „Handbuch für die Bankenlobby“.

Soweit uns bekannt ist, fordern nur sehr wenige Stimmen aus dem gesamten politischen Spektrum das Offensichtliche: die ominösen Terminmärkte und CO2-Zertifikatemärkte, die in Europa „Energiearmut“ verursachen, auszusetzen. Zu diesen wenigen gehört die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE), die sich für die Abschaffung der Energiebörse und die „sofortige und vollständige Wiederinbetriebnahme der Braunkohlekraftwerke ohne Kohlenstoffzertifikate“ einsetzt. Zudem fordert sie Griechenlands Ausstieg aus den EU-Sanktionen gegen Rußland, „die letztendlich von der Bevölkerung bezahlt werden, während die Kapitalisten, wie z.B. die Reeder, ein Vermögen mit dem Transfer des sehr teuren amerikanischen LNG verdienen“.

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