Es sind die Derivate, Dummkopf!

Was mit einer relativ kleinen Bank in Kalifornien begann und angeblich keine Bedrohung für das Finanzsystem war, hat sich auf ein „systemrelevantes“ Institut wie die Credit Suisse (CS) ausgeweitet und erweist sich als das, wovor wir gewarnt hatten: ein Vorbote des globalen Finanzkollapses (vgl. SAS 11/23). Verschärft durch 15 Jahre Gelddrucken ist die Schuldenblase größer als 2008, und die Zinserhöhungen, die der Inflationsbekämpfung dienen sollen, beschwören die Gefahr einer Kette von Insolvenzen herauf.

Außerdem pumpen die Zentralbanken, wie von uns vorhergesagt, wieder hektisch Liquidität in das System – Inflationsbekämpfung hin oder her. Die mehr als 700 Mrd.$, die Zentralbanken beiderseits des Atlantiks letzte Woche austeilten, werden nicht reichen, um das immer größere Loch zu stopfen, denn der Ansteckungseffekt breitet sich bereits im gesamten System aus.

Als Folge der CS-Pleite erfaßt ein Sturm den Markt für nachrangige Anleihen, sog. AT1-Papiere (Additional-Tier 1) oder Contingent-Convertible-Anleihen (Coco). Diese Anleihen wurden nach der Finanzkrise 2008 als Puffer geschaffen, damit bei einer Bankenpleite keine staatliche Rettungsaktion nötig wird. Die Käufer kennen das Risiko, trotzdem lassen sich viele von den hohen Renditen locken.

Noch weit größer als der AT1-Markt (etwa 275 Mrd.$) ist der weltweite Derivatemarkt mit 2 Billiarden $. Wenn Bankenzusammenbrüche und Zahlungsausfälle erst einmal begonnen haben, ist der Effekt hier nicht mehr vergleichbar mit bloßen Dominosteinen in einer Reihe, wo einer den nächsten umwirft. Es ist wie eine thermonukleare Kettenreaktion, übertragen auf den Finanzbereich, wie der Ökonom Lyndon LaRouche häufig erklärt hat. Mit anderen Worten: Die verschiedenen Formen von Schulden sind nur die Lunte, aber die Derivate sind die Bombe, deren Sprengkraft um mehr als eine Größenordnung stärker ist als die Schulden an sich.

Die Credit Suisse hatte ein sehr hohes Verhältnis von Derivaten zu Vermögenswerten, 28:1. Ihre Gegenparteien bei den Derivatgeschäften sind US-Megabanken. Deshalb kam der Druck zur Rettung der CS von dort, wo auf die vier größten US-Banken 89% des gesamten Derivatengagements (173 Bio.$) entfallen. Diese Banken sind (Stand Ende 2022):

– JPMorgan Chase: 54,3 Bio.$ an Derivaten gegenüber 3,3 Bio.$ an Vermögenswerten – ein Verhältnis von 16:1;

– Goldman Sachs: 51,0 Bio.$ Derivate und 0,5 Bio.$ Vermögenswerte – ein Verhältnis von 99:1;

– Citibank: 46,0 Bio.$ Derivate und 1,7 Bio.$ Vermögenswerte – ein Verhältnis von 27:1;

– Bank of America: 21,6 Bio.$ Derivate und 2,4 Bio.$ Vermögenswerte – ein Verhältnis von 9:1.

(Im Gegensatz dazu haben die vier größten Banken Chinas zusammen Vermögenswerte von 19 Bio.$, aber ihre Derivate werden auf nur etwa 7 Bio.$ geschätzt – ein Verhältnis von weniger als 0,4:1.)

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