Eisenbahn-Großprojekte in Afrika wieder auf der Tagesordnung

Im letzten Jahrzehnt mit Kriegen, Finanzkrise und Pandemie wurden viele ehrgeizige Infrastrukturprojekte in Afrika auf Eis gelegt. Das ändert sich nun und wird voraussichtlich weiter an Schwung gewinnen, wenn die BRICS-Dynamik den Kontinent erfaßt.

Libyen: Die Beendigung des Bürgerkriegs durch einen Waffenstillstand und die laufenden politischen Verhandlungen zwischen dem Präsidentenrat in Tripolis und dem Repräsentantenhaus in Bengasi dürften zur Wiederaufnahme der ehrgeizigen Bahnprojekte führen, die nach der NATO-Intervention und der Ermordung von Muammar Gaddafi ausgesetzt worden waren. Wie der Libyan Herald am 31.7. berichtete, verhandeln die libysche und die russische Eisenbahngesellschaft über die Reaktivierung des 4,5 Mrd.$-Projekts für eine 554 km lange Strecke zwischen Bengasi und Sirte entlang der Mittelmeerküste.

Libyens Bahnchef Said Al-Kilani traf sich am 23.7. mit den Botschaftern von Tschad und Niger und schlug den Bau einer Bahnlinie vor, die Tschad und Niger mit dem südlibyschen Sabha und weiter mit den libyschen Küstenhäfen verbinden würde. Dies würde für die Sahelzone einen direkten Zugang zum Mittelmeer bedeuten und somit die Transportkosten senken. Im Gespräch ist auch eine zweigleisige Küstenstrecke von Ras Jedir an der tunesischen Grenze nach Tobruk nahe der ägyptischen Grenze für Geschwindigkeiten von 250 km/h. Von Al-Hischa in der Nähe des Hafens von Misrata gäbe es dann eine eingleisige Strecke nach Süden bis Sabha für Züge mit 160 km/h.

Ostafrika: Die kenianische Regierung hat die Pläne für den Bau der 13,8 Mrd.$ teuren Eisenbahnstrecke wiederaufgenommen, die vom neuen Hafen Lamu nach Äthiopien führen und später 3000 km weit in den Südsudan verlängert werden soll. Ein Zweig wird nach Addis Abeba in Äthiopien, ein zweiter nach Juba im Südsudan und ein dritter nach Nairobi in Kenia führen. Nach Angaben der zuständigen Lapsset Corridor Development Authority beantragt die kenianische Regierung 9 Mio.$ aus dem Infrastrukturfonds der Afrikanischen Union für Machbarkeits- und Ingenieurstudien. Der Bau könnte 2025 beginnen und wäre Teil des 22 Mrd.$-Verkehrskorridors Lamu Port-Südsudan-Äthiopien (Lapsset), der auch den Bau von Ölpipelines, einer Raffinerieanlage, Straßen und Flughäfen vorsieht.

Kenia-Uganda: Die Regierungen der beiden Länder haben sich darauf geeinigt, Mittel für die Verlängerung der bereits in Betrieb befindlichen Standardspurbahn Mombasa-Nairobi von Naivasha in Kenia nach Kampala in Uganda zu beschaffen – ein Projekt, das wegen fehlender Finanzierung ausgesetzt ist.

Tansania: Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) bekundete im Juni ihr Interesse an finanzieller Förderung des vorgeschlagenen Normalspur-Bahnprojekts vom tansanischen Hafen Daressalam in das Binnenland Burundi.

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