Einwanderung: EU-Manipulationen oder echte Lösungen

Die Migration wird in der EU zum Thema Nummer eins, während der Wahlkampf für das Europäische Parlament anläuft. Die Strategie der pro-atlantischen EU-Führung ist offenbar, die Fraktionen zwischen zwei falschen Narrativen und falschen „Lösungen“ zu polarisieren, um die Lage beherrschen zu können.

So beschränkt sich die Debatte angesichts der wachsenden Zahl irregulärer Migranten, die über das Mittelmeer kommen, auf die Frage, ob die Regeln des Dublin-Vertrags geändert werden sollen oder nicht. Die eigentliche Lösung, nämlich ein echtes Engagement für die Entwicklung Afrikas, wird aus der Diskussion herausgehalten. Der Beweis dafür, daß die EU das Problem nicht lösen will, ist, daß sie auf „De-Risking“ setzt, anstatt zusammen mit China im Rahmen der Gürtel- und Straßen-Initiative Afrika zu entwickeln.

Laut Dublin-Abkommen können Migranten nur in dem Land Asyl beantragen, in dem sie ankommen, was Länder wie Italien und Griechenland belastet. Die vorgeschlagene Reform, bei der die Grenzen jedes Mitgliedslandes als „EU-Grenzen“ gelten und Migranten somit in jedem Land Asyl beantragen können, würde jedoch neue Migrationswellen auslösen. Das ist der Kern des aktuellen Konflikts zwischen Italien, das eine Überprüfung der Dublin-Regeln fordert, und Deutschland, das die Umverteilung von Migranten aus Italien abgelehnt hat.

Vor diesem Hintergrund wurde sogar eine schlechte Lösung, wie die zwischen der Europäischen Kommission und Tunesien auf Initiative Roms ausgehandelte, aus den Reihen der Kommission selbst abgelehnt. Am 14.7. flog Ministerpräsidentin Meloni mit der Kommissionsvorsitzenden von der Leyen und dem niederländischen Ministerpräsidenten Rutte nach Tunis, um eine Absichtserklärung zu unterzeichnen, worin der tunesischen Regierung 255 Mio.€ zur Stützung des Staatshaushalts und für strengere Kontrollen der Migrationsströme versprochen werden.

Doch im September war das Geld unter dem Vorwand, Tunis verstoße gegen Menschenrechtsbedingungen, noch nicht freigegeben. Einer Delegation des EU-Parlaments, die diese Bedingungen untersuchen sollte, wurde die Einreise verweigert. Ein verärgerter tunesischer Präsident Kais Saied warnte „ausländische Kanäle“ davor, „sich in unsere inneren Angelegenheiten einzumischen, denn Tunesien mischt sich auch nicht in ihre ein“.

Tatsächlich reagierte die ach so humanitäre EU-Bürokratie auf den Tunesien-Deal hysterisch, und „Chefdiplomat“ Josep Borrell unternahm offizielle Schritte, um ihn zu stoppen. Der italienische Journalist Gian Micalessin erhielt die Kopie eines Schreibens von Borrell an den Kommissar für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik, Olivér Várhelyi, worin er faktisch ein Veto gegen das Abkommen zwischen Tunesien, Italien und seiner eigenen Kommission einlegt.

In dem Schreiben vom 7.9., zwei Monate nach der Vereinbarung vom Juli, äußert er „Unverständnis“ über das „einseitige Vorgehen der Kommission“ und über einige Inhalte. Borrell kündigt an, daß der Rat für Auswärtige Angelegenheiten unter seinem Vorsitz „beschlossen hat, die Umsetzung der Absichtserklärung genau zu überwachen, da viele der in der Vereinbarung festgelegten Punkte noch der Zustimmung der Mitgliedstaaten bedürfen“.

Fünf Tage später verließen 112 Boote mit mehr als 5000 Migranten den tunesischen Hafen Sfax und erreichten innerhalb eines Tages Lampedusa. Am 22.9. gab die EU die Hälfte der versprochenen Gelder frei.

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