Ein weiteres kakophones Treffen der EU, dieses Mal über China

Was könnte die Metapher des „Elfenbeinturms“ besser verkörpern als das Treffen der EU-Außenminister am 12.5. in der Nähe von Stockholm, d.h. das Treffen einer herrschenden Klasse, die von ihrer Bevölkerung und der realen Welt völlig abgekoppelt ist. Die Minister trafen sich tatsächlich im Backsteinturm eines Schlosses aus dem 17. Jahrhundert, und sie mußten auf alle Geräte oder Hilfsmittel, wie z.B. Smartphones, verzichten, die die Geheimhaltung ihrer Beratungen gefährden könnten. Trotzdem wurde bekannt, daß die EU-Länder in Bezug auf das neue, vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell vorgelegte Anti-China-“Non-Paper“ gespalten sind.

Trotzalledem erklärte er, daß „die 27 hinter der Musik dieses Textes vereint sind“. Euractiv zufolge fordert das „Non-Paper“ ein „De-Risking“ und eine „nicht-konfrontative“ Herangehensweise an China, wobei Peking gleichzeitig als Partner, als Konkurrent und als Systemrivale behandelt wird, wobei die jeweilige Gewichtung von Chinas Reaktion auf das Engagement der EU abhängt.

In einem separaten Begleitschreiben erklärt Borrell, daß die künftigen Beziehungen auf Werten, wirtschaftlicher Sicherheit und strategischer Sicherheit beruhen werden, wobei er insbesondere die Ukraine und Taiwan hervorhebt. Auch wenn das Non-Paper frühere, eher militaristische Ansätze abzuschwächen scheint, sind doch konfrontative Mechanismus unübersehbar.

Diplomaten berichteten Euractiv, daß es unter den Mitgliedern ernsthafte Meinungsverschiedenheiten darüber gibt, wie die Politik des „De-Risking“ mit China aussehen soll. Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis, der sich mit Borrell abgestimmt hatte, witzelte: „Es ist wünschenswert, daß der Chor der EU27 einstimmig singt, aber bei diesem China-Papier scheinen wir noch einige Oktaven auseinander zu liegen“.

In Erklärungen vor Journalisten, so berichtet die Financial Times, bestand Borrell darauf, daß China seinen Einfluß auf Rußland nutzen müsse, um den Krieg zu beenden, bevor normale Beziehungen hergestellt werden könnten. Brüssel und Peking repräsentierten zwei „sehr unterschiedliche“, konkurrierende Systeme, die in einen globalen „Kampf der Narrativen“ und einen „Kampf der Angebote“ an die Welt verwickelt seien, sagte er. „Unsere Systeme – unsere politischen und wirtschaftlichen Systeme – sind unterschiedlich, völlig unterschiedlich. Wir sind Mehrparteiendemokratien, sie sind eine Einparteiendemokratie. Wir sind Marktwirtschaften, die chinesische Wirtschaft wird vom Staat gelenkt, wir sind also sehr unterschiedlich… Wir sind Konkurrenten, weil wir dem Rest der Welt unsere Modelle präsentieren.“ Er vergaß zu erwähnen, daß sein Modell scheitert, während das der Chinesen erfolgreich ist.

Vor dem Stockholmer Treffen trafen sich EU-Vertreter in Brüssel, um neue Sanktionen gegen China zu erörtern, die in dem von der EU-Kommission ausgearbeiteten 11. Anti-Rußland-Paket enthalten sind. Nach Angaben der Financial Times sollen sieben chinesische Unternehmen mit Sanktionen belegt werden, weil sie Ausrüstungen an Rußland verkauft haben, die auch für die Waffenherstellung verwendet werden könnten. Bloomberg berichtet, daß in einem zweiten Teil des Vorschlags auch die „Länder“ bestraft werden sollen, zu denen sanktionswidrige Firmen gehören. Deutschland, unterstützt von Italien, hat sich gegen diesen Teil ausgesprochen.

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